Mit einem Postulat fordern zwei Kantonsräte, dass ein fix definierter Anteil von 10 Prozent der Sonderpädagogik den leistungsstärksten Kindern zu Gute kommen soll. Das scheint auf den ersten Blick vernünftig: «Endlich muss man in jeder Schule auch die Begabten wirklich fördern». Doch auf den zweiten Blick entpuppt sich die Forderung als ziemlich kontraproduktiv und baut lediglich die Sonderpädagogik aus. Ich durfte für die SVP dagegen argumentieren.
- Führt zu einem Ausbau, nicht zu einer Umlagerung von sonderpädagogischen Massnahmen – da man ja die schwächeren Schülerinnen und Schüler weiterhin fördern muss.
- Die Selbständigkeit, die von Leistungsstarken erwartet wird, nützt diesen für das eigene speditive Lernen mitunter mehr, als am Gängelband fachlich mittelmässig qualifizierter Lehrpersonen geführt zu werden (gerade Förderlehrpersonen sind selten auch die guten Fachlehrpersonen z.B. für Mathematik).
- Hochbegabte Minderleister („high ability underachiever“) sind bereits heute allzuoft ein Fall für die Sonderpädagogik, da sie oft trotz sehr hoher Intelligenz die geforderten Resultate nicht selten komplett verweigern – nicht bringen.
- Durch Separation (verschiedene Anforderungsniveaus) z.B. bei den Einteilungen zum Lernatelier, Wahlfächern, Projektunterricht, Gymnasiumsvorbereitungskurse ist die Förderung von leistungsstarken SuS bereits in bestehenden Strukturen sehr gut möglich und wird auch praktiziert.
Fazit: Begabte und Hochbegabte, können sehr gut individualisiert betreut werden. Sie sind an vielem interesseressiert und können Projekte verfolgen – oder entscheiden sich auch manchmal, ganz «normal», wie alle anderen Schülerinnen und Schüler auch, sein zu wollen. Leben ihre Begabung vielleicht in einem komplexen Hobby aus und sind glücklich so. Ein zwanghafter Anteil von 10% Begabtenförderung in der Sonderpädagogik geht hier gegen die Interessen dieser Kinder, zwingt sie, und fehlt anderswo. Es muss fakultativ und situativ bleiben, so wie es heute ist.