Die letzten zwanzig Jahre in der Politik waren in der Realität ein Linksrutsch sondergleichen. Zum Teil gegen den Willen der Mehrheit der Wählerinnen und Wähler, zum Teil gegenläufig zur Mentalität der Bevölkerung und auch Abstimmungsergebnissen (z.B. Migrationspolitik) – diejenige Partei, welche die meisten Wählerinnen und Wähler vertritt, wird von den anderen laufend ausgehebelt. Schweizer Werte wurden zerstört. Eine Wende ist überfällig. Diese kommt, wenn die SVP die Wahlen gewinnt.
1987 war ich überzeugt, die FDP, die SVP oder vielleicht die EDU seien Parteien, in die ich später beitreten könnte. Auch die CVP war ok., einfach ein bisschen katholisch. Zu Diskussionen über das Waldsterben trug ich im Deutschunterricht die Dächlikappe des ACS (Automobilclub Schweiz).
„Auf den Strukturen der Gesellschaft muss man turnen, statt sie abzuschaffen.“ Dieses war meine Überzeugung 1993. Sie richtete sich gegen Schweizkritiker von damals, gegen Leistungsfeinde, Armee- und Schulnotenabschaffer, Alternativ-Autonome, Frauenstreikerinnen: Gegen Linke und Heimatmüde.
Es war die Zeit, als meine Lehrerinnen das „Brunner-Sünneli“ an den lila Wollenpullover hefteten, am 14. Juni (Frauenstreiktag) der Unterricht ruhte und statt dessen der Ungerechtigkeit zwischen den Geschlechtern gedacht wurde, als die Armeeabschaffung ein aktives Ziel der Linken war, als der Vortrag von Golfkriegsgeneral Norman Schwarzkopf in Winterthur zu gewalttätigen Unruhen führte, die Zeit, als die Mehrheit der FDP-Mitglieder anerkannte Schmälerungen der direkte Demokratie als vernachlässigbar empfanden, angesichts der Chancen, welche der Europäische Wirtschaftsraum biete.
Um diesem Zerfall etwas zu entgegnen, wollte ich die Junge SVP gründen. Internet war noch nicht verbreitet. Am Telefon mit dem Parteisekretariat sagte man mir, dass es die Junge SVP schon gebe. Immerhin blieb die Gründung der „JSVP Züri Unterland“. Die Jungpartei als Instrument für spannende politische Diskurse, um das Interesse an der Politik bei anderen Jungen zu wecken, somit der Demokratie zu dienen und die Gesellschaft zu stützen. Statt, wie die Linken, sie zu bekämpfen und Farbbeutel gegen das Ratshaus zu werfen.
Es war ein Schwimmen gegen den Strom. Heute haben sich die Strukturen selbst vor den Anliegen der Heimatmüden verneigt.
Zum Beispiel punkto Armeeabschaffung: Sie ist nicht mehr nötig. Mit ungerechten Urteilen über die Schweiz im zweiten Weltkrieg wurde der Wert der Verteidigung zu Boden geschwatzt. Konsensorientierte Bürgerliche reagierten auf den links-medialen Druck mit einer hohen Kadenz von Armee-Reformen. Ein Viertel der Anzahl Wehrmänner von damals, ein Bruchteil der Infrastruktur, nur noch 40% der Zwanzigjährigen, die eine Rekrutenschule absolvieren, Ausrüstungsmangel. Mehr hätte sich die Linke nicht wünschen können.
Zum Beispiel punkto Neutralität: Sie existiert nicht mehr. Als Mitglied des Internationalen Währungsfonds (1. Abstimmung), als Herkunftsland von UNO-Truppen (Blauhelme, 2. Abstimmung), als UNO-Mitglied (3. Abstimmung) und mit einem neuen Militärgesetz (Militärgesetzrevision, 4. Abstimmung) welches bewaffnete Schweizer Soldaten im Ausland erlaubt, und mit der Nato-Trimmung der Einsatzverfahren sind wir auf der Weltbühne mit dabei, wenn es Konflikte gibt. Eine geltungssüchtige Bundesrätin zerrte uns dabei tolpatschig ins Rampenlicht.
Zum Beispiel punkto Kernenergie: Der Umgang mit der Technologie steht heute gar nicht mehr zur Debatte. Selbst FDP und CVP wollen den Ausstieg. Damals war höchstens das Moratorium umstritten.
Zum Beispiel punkto Demokratie: Heute sollen Richter entscheiden, ob der Volkswille gültig ist und sich dabei auch auf Recht stützen, dass nicht vom Volk beschlossen wurde (z.B. Europäische Menschenrechtskonvention). Einbürgerungen sind Verwaltungsakte geworden. Dass die grösste Partei nicht angemessen im Bundesrat vertreten ist, wird von allen anderen begrüsst. Kantonale Regierungsräte vereinbaren mit Amtskollegen Verträge, die in der halben Schweiz gelten, weitreichend und ohne Volksabstimmung.
Zum Beispiel punkto Leistung und Sozialstaat: Die Prämienverbilligung der Krankenkassen gab es damals noch nicht. Auch keine Schulsozialarbeit. Die Gemeinwesen zahlten Sozialhilfe nach Bedarf statt nach Richtlinien. Dafür hatte die öffentliche Hand weniger Schulden, die AHV und IV weniger Probleme und die Menschen mehr Geld zum Leben. Und Eigenverantwortung.
Die Liste liesse sich fortsetzen. Und sie wird in den nächsten Jahren weitergeschrieben. Es sind entscheidende Jahre. Es geht um den Bankenplatz. Um die Energieversorgung. Darum, dass der Sozialstaat bezahlbar bleibt und wir Eigenverantwortung verlangen. Es geht um den Rest der Armee. Um unser Verhältnis zur EU, um unsere Unabhängigkeit und Neutralität. Vor allem um die direkte Demokratie: Eigentlich geht es um die Schweiz.
Um sie zu retten, müssen die Mehrheitsverhältnisse in Bundesbern ändern. Auch im Ständerat. Die geschilderten Entwicklungen belegen, dass die Haltung der grössten Partei heute nicht in der Mehrheit ist. Früher war links Opposition und das Stöckli konservativ – heute ist es umgekehrt. Bürgerliche Partner haben die Haltung geändert, an der Schweiz gesägt – und sind geschrumpft. Die Wende 2011 gelingt dann, wenn FDP und CVP erfahren, wo der Meister hockt.
Zu den Wahlen noch eine persönliche Empfehlung: Barbara Steinemann, Juristin und seit acht Jahren Kantonsrätin, fährt seit Jahren Woche für Woche mit ihrem Fahrrad durch die schönen Dörfer und Landschaften im Zürcher Unterland und portraitiert sie liebevoll. Sie hilft immer wieder verschiedenen Vereinen bei Festbeizen, nicht nur in ihrem Bezirk Dielsdorf, sondern bis nach Wasterkingen. Sie liebt offensichtlich ihre Heimat, die Heimat der Wospi-Leserschaft. Für mich ist das ein guter Grund, um Barbara Steinemann zweimal auf meine Liste zu schreiben.