Wichtiger geworden als das Links-Rechts-Denken ist in der Schweiz die Differenz zwischen den Föderalisten und Internationalisten. Zu den Internationalisten gehören die linken Zentralisten und die liberalen Globis (Globalisierungsträumer). In Anlehung an den bekannten Ausdruck der «Salamitaktik» drängen sich zur Darstellung der politischen Auseinandersetzung Würste auf: In unserem Land herrscht Salamikrieg. Dieser ist mit den Wahlen noch lange nicht gewonnen.
Stellen wir uns vor, die Schweiz sei ein Strauss würziger Salamis. Je mehr Scheiben die Internationalisten ergattern und dem EU-Fleischwolf zur Produktion einer Einheitssuppe verfüttern, desto weniger eigene Raffinesse bleibt auf dem Speisezettel des Alltags. Dort steht immer häufiger «Euro-Bouillon».
Beispielsweise beim sicherheitspolitischen Salami. Dieser ist stark mit Neutralität gepökelt und zählt daher zu den fetten Würsten. So geht die Taktik der Internationalisten: Dank dem Sieg der Föderalisten wurden die Blauhelme zuerst zwar abgelehnt (die angestrebte Salamischeibe war zu gross). Dann aber werden Gelbmützen und Blaumützen geschaffen (dünnere Scheiben), Soldaten unbewaffnet in den Kosovo geschickt (aktuelle Scheibe), weil dies fahrlässig ist, steigt der Ruf nach Bewaffnung und Schützenpanzer fahren hinterher (nächste Scheibe). Da das Kommando der Östreicher irgendwie nicht befriedigt, werden unsere Soldaten irgendwann direkt der UNO unterstellt (mit dieser Scheibe ist dann das ganze Blauhelmstück verfüttert). Unsere Luftwaffe übte vergangene Woche zusammen mit Franzosen und Östreichern das Durchsetzen einer UNO-Flugverbotszone. Da bleibt anschliessen vom fette Salami nur noch ein dermassen kleines Zipfelchen übrig, dass Natosuppe bald einmal nahrhafter wird.
Betrachten wir den Salami des UNO-Beitritts. Dieser ist in grossen Teilen schon im Suppentopf und mundet dort sogar. Nur weil der verbleibende Rugel zusammen mit dem Neutralitätssalami der Sicherheitspolitik ein sehr harmonisches Geschmacksbouquet ergab, wurde er noch nicht geopfert. Wenn der Neutralitätssalami wegfällt, ist das Rugelchen alleine und ruft uns verzweifelt zu, dass ein Schluck UNO-Suppe dann übringens mehr koste und nach Supermächten stinke. Aber es ist von Internationalisten schell in die Brühe gemöckelt.
Bei den bilateralen Abkommen geht es um ein Salamibündel. Im Landverkehr wird der Salami kurzerhand verschenkt, wobei wir fürs Verschenken bezahlen und die Emissionen des Suppentopfs ertragen müssen. Im Personenverkehr wird der Salami für sieben Jahre in die Suppe gemengt, in der Hoffnung, er liesse sich dann, falls die Bouillon schlecht schmecke, per Volksentscheid zurückgenerieren. Die Globis haben aus Suppensucht mit den Zentralisten in diesem Bereich ein Päktchen geschlossen und mit den «flankierenden Massnahmen» die Gefrässigkeit (gleichzeitig auch beim Salami der wirtschaftlichen Standortvorteile) beschläunigt. In der Landwirtschaft wurde mit dem GATT/WTO, mit der Agrarreform 2001 und nun mit den bilateralen Verhandlungen Scheibe um Scheibe abgeschnitten. Dabei hat gerade diese Wurst besonders gut geschmeckt.
Ein prächtiger Salami ist jener der direkten Anteile in unserer Demokratie. Dieser wird nicht Scheibe für Scheibe verspiesen, er wird – obwohl auch Zentralisten und Globis ständig seinen Geschmack loben – entwürzt und fad gemacht (indem, wo immer es geht, Ineffizienz behauptet und verursacht wird) und ganz einfach verschwiegen. Bei einem Beitritt in die EU fallen 60 Prozent dieser «Schönsten aller Würste» auf einen Schlag in die Zentralistensuppe. Darüber sprechen nur die Föderalisten.
Die Liste könnte fortgeführt werden. Beispielsweise ist es auch «Salamiversuppung» wenn Zentralismus auf kantonaler Ebene immer üblicher wird (siehe Zürcher Bildungsreformen). Trotzdem: Die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer scheint Salamis zu schätzen, ist sich den Wurststrategien im täglichen Leben nur wenig bewusst. Beispielsweise derjenigen Internationalisten-Taktik, die würzigen Geschmäcker herunterzuspielen, ausser Mode zu bringen und sie sogar als stinkende Gerüche zu betiteln, man denke etwa an die Debatte zur Rolle der Salamis im Zweiten Weltkrieg. Für Föderalisten gibt’s im Salamikrieg niemals einen Sieg, nur Teilerfolge. Das Ziel lautet immer: Oberhand behalten um den Suppentod zu verhindern. Dies ist der einzige Weg, um allen Feinschmeckern Europas die Rafinesse der Salamis gegenüber der Eurobrühe aufzuzeigen (dieses «Aufzeigen» sollte noch forciert werden). Auch nach einem Teilerfolg (den Wahlen) hocken an allen Ecken und Enden gefrässige Salamiknabberer. Diese haben zwar ein deutliches Zeichen erhalten, wir aber gleichzeitig den Auftrag, dran zu bleiben. Denn in der nächsten Legislatur geht’s um manche Wurst.
Matthias Hauser, Salamiliebhaber,