Volkswahl des Bundesrates – 30 Prozent im Bezirk Bülach – Kommentar zur Berichterstattung

Eine hämische Front „SVP-Hochburgen wollen nichts von Volkswahl des Bundesrates wissen“ und Vorwürfe wie „Verschwendung von Geldern für einen öffentlichen Urnengang“ oder „Nebenthema statt echte Probleme lösen“ verlangen nach einer Antwort und zeigen einmal mehr, welchen Geistes Kind die Redaktion des Neuen Bülacher Tagblatt und Zürcher Unterländers seit einigen Jahren sind.

Selbst im Artikel zur Bonzensteuer (Titel: „Bonzensteuer hielt sich besser als erwartet“) finden wir den Verweis auf die „SVP-Hochburg Schwammendingen“, wo die Bonzensteuer sogar mit 53 Prozent angenommen wurde. Weshalb lautet die Headline nicht: „SP in Sachen Asylgesetz von eigenen Wählern im Stich gelassen?“Gerade, wenn der Kommentator doch moniert, die Bundesratswahl sei keine wichtige Vorlage gewesen, sollte doch die Zeitung die wichtigere Vorlage auf die Front bringen. Es geht den Blattmachern halt offenbar doch nur darum, welcher Partei man das „Verlierer-Image“ anschreiben soll.

Natürlich, das Resultat der Volksabstimmung vom 9. Juni ist klar: Mit 30.11 Prozent Zustimmung zur Volkswahl des Bundesrates hat die SVP Bezirk Bülach nicht einmal den eigenen Wähleranteil (bei National- und Kantonsratswahlen 2011 im Bezirk Bülach je über 36 Prozent bei höherer Beteiligung) erreicht. Mit Ausnahme vom Bezirk Dielsdorf lief es in allen anderen Bezirken noch schlechter: Die Volkswahl bleibt chancenlos.

Das war absehbar und dafür gibt es Gründe:

  • Das Anliegen wurde von der SVP alleine getragen.
  • Die Politik- und damit Wahlkampfverdrossenheit. Die ständige demokratische Auseinandersetzung über die Rechtsordnung als Bedingung für unseren Wohlstand interessiert oft erst Direktbetroffene. Sonst möchte man lieber nichts mit der Politik zu tun haben. Diese Haltung kultivieren das Neue Bülacher Tagblatt und Zürcher Unterländer durch Berichterstattung über Belanglosigkeiten geradezu. Politik wurde in den zweiten Bund verbannt, Parteiveranstaltungen werden von der Redaktion ignoriert: Beispiele zu den Bundesratswahlen? Die kontradiktorische Diskussion der SVP Bezirk Bülach in Kloten vom 16. Mai oder die mit über 250 Personen gut besuchte Delegiertenversammlung der SVP Kanton Zürich am 30. April in Winkel.

Dennoch: Die Bundesratswahl-Diskussion musste geführt werden. Denn in Bern hat 1999 das sture Festhalten der CVP an zwei Bundesratssitzen (vorzeitiger Rücktritt von Arnold Koller und Flavio Cotti, Wahl von Joseph Deiss und Ruth Metzler) dazu geführt, dass die Zusammensetzung des Bundesrates nicht mehr die Mehrheiten im Volk widerspiegelte, auch nicht mehr die Mehrheiten im Parlament. Es war der Bruch der Konkordanz. Dieser wurde 2003 mit der Wahl eines zweiten SVP Bundesrates und der Abwahl von Ruth Metzler korrigiert. Vier Jahre später, mit der Abwahl von Christoph Blocher und der Wahl von Eveline Widmer-Schlumpf, welche die SVP überhaupt nicht zu repräsentieren vermochte, faktisch aber erneut begangen: Abwahlen (einmal auf diese, dann auf die andere Seite), Ränkespiele aber vor allem der Versuch, die wählerstärkste politische Haltung bezüglich Landesregierung ins Leere laufen zu lassen: Das sind währschafte Gründe, das Wahlverfahren in den Bundesrat zu diskutieren – mit dem Volk. Und das hat die SVP zu Recht getan.

Matthias Hauser