Podiumsdiskussion vom Dienstag abend in Bülach
Die Diskussion wühlte mich mehr auf, als ich wollte: Zu viele der Argumente der Befürworter sind unlogisch. Zu wenig wurde die super Leistung der Bezirksschulpflege im Bezirk Bülach gewürdigt. „Chrut und Rüebli“ kamen durcheinander und mit der Offenheit nahmen es einige Podiumsteilnehmer auch nicht so genau…. Vielleicht gehört „ausweichendes Themenbehüpfen“ und das Auslassen von Tatsachen zur Politikerroutine: Ich hoffe sehr, mir diese Techniken niemals anzueignen, falls ich jemals Politiker werde, sondern immer auf bessere Argumente zu hören und meine Meinung ehrlich anpassen zu können… Jedenfalls müssen nach dieser Diskussion einige Dinge für das öffentliche Bewusstsein ergänzt werden:
Meinung der Lehrerverbände und Stimmenzwang bei der FDP
Gemäss Ernst Buschor unterstützten die grosse Mehrheit der Lehrerverbände Volksschulgesetz. Tatsache ist: Die einzigen beiden Lehrerverbände, welche dazu eine Mitgliederbefragung durchführten, lehnen das Gesetz deutlich ab. Es sind dies die Sekundarlehrkräfte des Kantons Zürich und die Mittelstufenkonferenz. Immerhin verbringen die Kids zwei Drittel ihrer Schulzeit bei Lehrkräften dieser beiden Verbände! Nur weil die Vorstände der anderen das Gesetz befürworten, darf noch lange nicht daraus auf die Meinung der betroffenen Verbandsmitglieder geschlossen werden.
Wenn Kantonsrat Michel Baumgartner (FDP, Rafz) stolz erwähnt, die FDP sei einstimmig für das Gesetz eingestanden, so sollte er eigentlich auch sagen, dass sich seine Fraktion für Einigkeit auferlegt hatte und damit sogar Gegner der Vorlage im Rat dafür Stimmen mussten. Die FDP-Kantonsratsfraktion unterteilt alle Geschäfte in A und B Geschäfte, wobei sie bei A Geschäften trotz internen Minderheiten geschlossen auftritt. Das Volksschulgesetz war ein A Geschäft. Damit ist es keine Kunst, Einigkeit zu erlangen. Dem sehr lange nicht gefällten Regierungsratsbeschluss zum Volksschulgesetz nach zu urteilen, tun sich die FDP-Regierungsräte Dorothée Fierz und Ruedi Jeker schwer mit der Vorlage.
Grundstufe: Halbierung der Qualität
Eine einzige künftige Grundstufenklasse soll aus kleinen und grossen KindergärtnerInnen, ErstklässlerInnen, und den SchülerInnen der Einschulungsklasse bestehen. Dieser alters- und niveaumässigen Binnendifferenz wird heute mit drei spezialisierten Lehrkräften begegnet. Neu werden nur 1.5 Lehrstellen dafür zuständig sein – eine Halbierung der Qualität, ausgerechnet in jenem Bereich, den die Befürworter immer als Vorteil zu verkleiden versuchen: Dem individuellen Eingehen auf die Kinder. Individualisieren bedeutet aber eben, dass man die Unterschiede ernst nimmt. Michel Baumgartner hat das auf dem Podium nicht begriffen, er rechnet, als gäbe es mit dern Grundstufe keine grössere Binnendifferenz: Heute eine, mit der Grundstufe für die gleiche Anzahl Kinder 1.5 Lehrkräfte. Was Herr Baumgartner damit eigentlich ausrechnet, ist nicht die steigende Qualität, sehr wohl aber die steigenden Kosten.
Der Bezirksschulpflege ein Kränzchen winden
Am Abend hätte es gesagt werden müssen: Die Bezirksschulpflege im Bezirk Bülach leistet hervorragende Arbeit! Ich durfte dies während den vergangenen vier Jahren als Primarschulpfleger erleben. Die Bezirksbehörden besuchten unsere Sitzungen, um sich vorzustellen, sie nahmen an den Besuchstagen teil, lernten die Schule persönlich kennen. In den Rekursfällen wurden gerechte Entscheide gefällt. Die Bezirksschulpflege vermittelte zwischen Lehrerschaft und Gemeindeschulpflege, organisierte eine Fachaufsicht – Ein solches Engagement gegen eine zentrale Schulaufsicht und bürokratische, teure Supervisionen sowie gegen einen überlasteten Bezirksrat als Rekursinstanz einzutauschen, wäre ein sehr grosser Fehler.
Fuder abladen für eine bessere Vorlage
Unbestrittene Reformen sind bereits heute in der Erprobung. Niemand will diese Versuche abbrechen. Niemand will beispielsweise, dass teilautonome Schulen ihre Teilautonomie wieder abgeben müssen. Ein «Nein» bedeutet nichts anderes, als das Fuder abladen, so dass der Wagen der Volksschule ohne Achsenbruch der Zukunft entgegen fahren kann. Es bedeutet überhaupt nicht, den Wagen, der übrigens immer gefahren ist, anzuhalten.