99 Prozent Stimmbeteiligung sind in sozialistischen Einparteienstaaten üblich. Zwischen 7 und 8 Prozent Stimmbeteiligung sind es an der Universität, wenn die Studierenden ihren Studierendenrat wählen. Viele von diesen denken auch sozialistisch. Angesichts dieser Zahlen ist sofort klar von welchem System die Studierendenvertreter träumen.
Von einem Grünliberalen (!) angezettelt musste der Kantonsrat am vergangenen Montag über die Einführung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft der Studierenden debattieren. Der Änderungsvorschlag am Universitätsgesetz verlangt, dass jeder Studierende automatisch Mitglied einer Körperschaft werden soll, automatisch einen Beitrag dafür entrichten soll, es sei denn, er trete aktiv aus. Mit dem Mitgliedschafts-Automatismus wird bezweckt, dass die 93 Prozent, die heute lieber studieren, als studentische Unipolitik betreiben, der Körperschaft (vor allem) Finanzen und Mitgliedergewicht bescheren, ihr einen respektablen Repräsentationsstatus verleihen. Ein Flugblatt der Studierenden, welches vor dem Ratshaus verteilt wurde, ist ehrlich: „Automatischer SUZ-Eintritt (Studierenden der Universität Zürich) bei Immatrikulation verhindert Gleichgültigkeit gegenüber der studentischen Mitwirkung“ steht da. Machtvermehrung durch das Gewicht der Gleichgültigen.
Und es ist die Machtvermehrung einer Einheitspartei. Bisher konnten sich unter den Studierenden beliebige Gruppierungen jedes politischen Couleurs bilden und um die Wahlen in den Studierendenrat (den gibt es auch heute schon, ohne Körperschaft) bewerben. Jeder Studierende hatte, weil er eben Student an der Uni Zürich war, Kraft seines Studiums, nicht Kraft einer Mitgliedschaft, das aktive und passive Stimm- und Wahlrecht. Die Jahre, in welchen die Entscheide des Studierendenrates von linken Studierendenorganisationen geprägt waren, liegen nicht weit zurück. Die gleichen Studentenvereinigungen riefen auf zu Demonstrationen gegen Vorträge von Wirtschaftsgrössen, Streiks und Boykotten, zur Ablehnung von Leistung und Selektion. Gut, dass nicht jeder durch einen obligatorischen Mitgliederbeitrag die linken Entscheide mittragen musste – wer dies künftig ebenfalls nicht tut, also sein Austrittsrecht wahrnimmt, verliert das passive Wahlrecht: Nur Körperschaftsmitglieder dürfen in den künftigen Studierendenrat gewählt werden. Auch in Peking regieren nur Mitglieder der Volkspartei.
Alle Vorteile, die für eine studentische Körperschaft sonst noch genannt werden, gibt’s auch ohne: Ein Parlament haben die Studierenden heute schon. Es hat das Gewicht, das ihm natürlicherweise zufällt. Für Dienstleistungen (zum Beispiel Studentenläden), Rechtsberatung, Kulturstellen etc. können studentische Vereine und Stiftungen verbindliche, zeichnungsfähige Rechtspersönlichkeiten bilden. In 90ziger Jahren taten sie das auch.
Es geht somit bei der Vorlage wirklich nur um die Machtmehrung der heute wenigen uni-politisch aktiven Studierenden. Deshalb das verbissene Festhalten am Austrittsrecht (statt einfach die Möglichkeit gewähren, beizutreten). Deshalb soll, wer nicht dabei ist, sich nicht in den Studierendenrat wählen lassen können.
Das Rektorat der Universität und die Bildungsdirektion übrigens freuen sich: Endlich würde eine repräsentative Studierendenstimme mitsprechen. Und das an der grössten Universität unseres Landes, welches als weltweites Vorbild für ehrliche Demokratie gilt. Schöne Aussichten.