Im Kantonsrat wurde heute das überparteiliche Postulat von Susanne Rihs (Grüne), Peter Reinhard (EVP) und mir (SVP) mit der Vorlage 5151 abgeschrieben, welches mindestens einen bediente Bahnhof entweder in Rafz, Hüntwangen-Wil, Eglisau oder Glattfelden forderte und Gerechtigkeit im ZVV. Die Ausführungen der Regierung zum Postulat haben sich leider nur auf die Fragen rund um das Vertriebsnetz konzentriert.
Ein bedienter Bahnschalter hat folgende Nutzen:
- Bei komplizierten Tickets ist die «Face-to-face-Beratung» die angenehmste und einfachste Methode: Meistens hat man am Schluss genau das Ticket, das man braucht. Ein anderer Mensch kann sich mehr für eine passende Lösung einsetzen, als dies einem Automaten möglich ist. Beispiel ist das Lösen eines Kollektivbilletes mit mehreren Varianten, die gegeneinander abgewogen werden müssen, wechselnder Gruppengrösse, Reservationen und knappen Umsteigezeiten. Für eine ältere Person, die mit der Technik der Ticketautomaten vielleicht nicht so bewandert ist und das auch nicht mehr lernen mag und kann, ist bereits das Lösen eines einfachen Tickets kompliziert.
- Gepäckaufgabe / Fahrradaufgabe
- Sicherheitsgefühl
Der Nutzen von bedienten Bahnhöfen ist anerkannt. Deshalb schreibt die Regierung, dass 90% der Bevölkerung zu Fuss oder mit dem ÖV innerhalb von 20 Minuten eine bediente Verkaufsstelle erreichen können sollten. Diese 20 Minuten sind in den Gemeinden Rafz, Wil, Hüntwangen, Wasterkingen, Eglisau und Glattfelden (zusammen 17’000 Einwohnerinnen und Einwohner) seit der Schliessung der Bahnhöfe nicht eingehalten, selbst mit dem Auto dauert es länger, solange die Eglisau-Umfahrung nicht besteht.
Die Regierung beschreibt in der Vorlage, wie sich das Kundenverhalten betreffend der Benutzung der Vertriebskanäle geändert hat. Dazu muss man bemerken, dass diese Veränderung nicht nur natürlich erfolgte. Eine Schalterschliessung ist nicht nur Reaktion, sondern auch Ursache der Hinwendung zu neuen Vertriebskanälen. Im Rafzerfeld spielte dabei die Reihenfolge der Schalterschliessung eine Rolle: Zuerst wurde Hüntwangen-Wil, der am zentral gelegenste Schalter geschlossen. So gingen einige der Hüntwanger, Wilemer und Wasterkinger an den Schalter auf Eglisau und der Automat gewann an Bedeutung. Dann wurde zuerst Eglisau geschlossen. Das war ein Fehler: Eglisau liegt in Reiserichtung Zürich: Eher geht ein Rafzer an den Schalter Eglisau, als ein Eglisauer an den Schalter Rafz. Zum Schluss wurde dann der Schalter Rafz geschlossen: Trotz 2400 Unterschriften, die in kürzester Zeit dagegen gesammelt werden konnten. Hätte man zuerst den Schalter Rafz geschlossen, hätte dies in Eglisau die Frequenz erhöht – nicht aber umgekehrt.
Der Telefonverkauf wird in den Ausführungen der Regierung ja ziemlich gelobt: Für die Kunden ist gerade die rund um die Uhr verfügbare SBB-Nummer aber ziemlich teuer: Ein Kollektivbillet, wie ich es geschildert habe, zu bestellen, benötigt etwa 20 bis 30 Minuten mit der Beratung der Varianten, die Minuten ist CHF 1.19. Bei der Gratis-Nummer des ZVV können diese Tickets nicht gelöst werden.
Heute ist der Bahnhof Eglisau von einer privaten Firma genutzt – ohne Ticketverkauf. In Rafz und auch im zentral gelegenen Hüntwangen-Wil besteht oder entsteht ein Busknotenpunkt und stehen die Büroräumlichkeiten nach wie vor zur Verfügung. Auch wenn man zum Beispiel ein zeitlich eingeschränktes Angebot wieder installieren würde. Das wäre ein kleiner Gewinn gegenüber heute. Eine andere Variante, ist, dass der Ticketverkauf auch in den Dorfzentren ermöglicht würde. Unsere Bahnhöfe sind peripher, bis zu drei Kilometer ausserhalb des Dorfes gelegen, die Umsteigezeiten vom Bus in den Zug erlauben keine vernünftige Automatenbedienung am Bahnhof. Ein Ticketverkauf im Zentrum, zum Beispiel bei der Post in Rafz – oder auch nur ein moderner Automat – würde hier ein wenig Abhilfe schaffen. Es würde mich sehr freuen, wenn der ZVV sich hier einsetzen würden.
Nun noch zur Gerechtigkeit. Alle Gemeinden zahlen Beiträge an den ZVV, gemäss der Anzahl Abfahrten ab den Haltestellen auf ihrem Gebiet. Die Verordnung über die Gemeindebeiträge an den ZVV regelt dies. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Haltestellen bedient sind oder nicht. Doch der ZVV unterhält mit den SBB eine Leistungsvereinbarung, mit welcher die Bahnhöfe in drei Netze eingeteilt werden, A, B und C-Bahnhöfe.
A-Bahnhöfe müssen offen bleiben und Bedienart und Öffnungszeiten dürfen nur im Einvernehmen mit dem ZVV geändert werden, es sind über 40 Stationen, darunter beispielsweise Bauma oder Turbenthal, Bassersdorf, Schwerzenbach, Dietlikon, Bostetten-Wettswil. Bahnhöfe aus dem Netz B können ebenfalls nur im Einvernehmen mit dem ZVV ihre Bedienart ändern, die SBB kann aber private Stationshalter, Ticketverkauf im Avec-Lädeli oder auch andere Öffnungszeiten vorsehen. Zum Beispiel in Wald, Oberrieden, Wila, Hedingen, Seuzach, Erlenbach. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass die SBB die Bedingungen für private Stationshalter durch die Senkung der Verkaufsprovisionen auf den Ticketgebühren massiv erschwert hat (www.ig-stationshalter.ch). Bei Bahnhöfe im Netz C kann die SBB die Schalter autonom schliessen, sie muss den ZVV lediglich informieren. Die Bahnhöfe Rafz, Hüntwangen-Wil, Eglisau und Glattfelden gehören alle zum Netz C, obwohl, wie gesagt, die Bevölkerung dieser Gemeinden länger als 20 Minuten zum nächsten bedienten Schalter reisen muss.
Wenn diese Gemeinden nicht von der Leistungsvereinbarung des ZVV mit der SBB profitieren, warum passt sich dann nicht wenigstens der Beitrag an, welcher sie dem ZVV bezahlen müssen? Ein Abbau des Service Public, ohne gleichzeitige Reduktion der Kosten ist eine Form von Verteuerung.
Es ist ungerecht, dass Steuerzahler an die Offenhaltung eines Bahnschalters in einer fremden Region bezahlen – gleichzeitig aber der eigene Schalter geschlossen wird. Da muss meiner Meinung nach die Verordnung über die Gemeindebeiträge an den ZVV angepasst werden.
Das Postulat kann abgeschrieben werden, denn die Bahnschalter im Rafzerfeld gehen nicht mehr auf. Aber : Noch sind nicht alle Aspekte der Problematik befriedigend gelöst.