Der Regierungsrat hat die Anfrage von Kantonsrat Daniel Wäfler und mir zur Bereitschaft unter dem Konzept Feuerwehr 2020 sehr kurz, oberflächlich, ungenügend beantwortet.
Hier der Download der Anfrage mit Antwort: Anfrage Bereitschaft der Feuerwehr 2020 mit Antwort
Stellungnahme zu den Antworten der Regierung:
Frage 1: Einbezug einzelner Gemeinden ins Vernehmlassungsverfahren
Der Regierungsrat verspricht im letzten Satz, die Gemeinden künftig miteinzubeziehen. Er gesteht anfänglich ein, lediglich informiert zu haben. Er habe aber frühezeitig ausgewählte Vertreter der Gemeinden einbezogen und die Gebäudeversicherung hat mit allen Feuerwehren Gespräche geführt.
Fakt ist: Der Gemeindepräsidentenverband hat in seiner fristgerechten ersten Vernehmlassungsantwort so geantwortet , dass diese zurückgezogen wurde. Erst nach Ende der Vernehmlassungsfrist und einem Gespräch mit der Gebäudeversicherung lag die definitive Stellungnahme vor, die nun tatsächlich auf die wunden Punkte hinweist, welche auch in unserer Anfrage herausgearbeitet sind (Bestände, Spezialfahrzeuge), aber natürlich die Gemeindeautonomie mehr in den Vordergrund stellt. Der Verband hat für die Antwort einzelne Gemeinden nicht konsultiert. Der «frühzeitigen Einbezug» ausgewählter Vertreter war wohl der Wille der Regierung, hat aber diesmal auf Seiten dieser Vertreter nicht funktioniert. Der Einbezug aller Gemeinden – d.h. die Diskussion der Vernehmlassungsantworten in einzelnen Gemeinderäten – hätte auf Anhieb zu qualitativ besseren Antworten geführt.
Mehr Gemeindeautonomie ist grundsätzlich zu begrüssen – Im Bereich der Sicherheit jedoch – insbesondere wenn es da und dort ungenügende Zustände gab und gibt – darf Gemeindeautonomie doch nicht einfach damit erreicht werden, indem nicht erreichte Vorgaben gelockert werden. Genau dies bedeutet Feuerwehr 2020 aber!
In den gerühmten individuellen Gesprächen der Gebäudeversicherung mit Gemeindefeuerwehren rückt sich jede Feuerwehrorganisation gegenüber dem Kanton ins beste, oft trügerische, Licht.
Fragen 2, 3, 4 und 5: Genügt die Anzahl Angehöriger der Feuerwehr (AdF) nach Verwirklichung Feuerwehr 2020
Faktum ist, dass neu (mit FW 2020) in den Reglementen keine minimalen Mannschaftsbestände mehr vorgeschrieben sind. Das heisst, dass es laut Vernehmlassungsentwurf gesetzlich keine zwingende Handhabe mehr geben wird, wenn einzelne Feuerwehren, die in individuellen Gesprächen vereinbarten Bestände nicht erreichen. Gerade die Nicht-Erreichung der Bestandesvorgaben war aber bislang der Fall – AdF, die auf den Bestandeslisten figurierten, waren zum Teil an anderen Orten wohnhaft, zu alt, tagsüber praktisch nicht verfügbar: Statt nun von den Feuerwehren die Einhaltung der Vorgaben zu fordern, werden diese individuell heruntergesetzt und de jure verbindlich gar nicht mehr gefordert.
Kommt dazu: Dass auch mit der FW 2020 die Leistungsvorgaben für die Einsatzbereitschaft nur mit zirka Angaben festgelegt wurden: Die einzige Vorgabe lautet: Innert 10 Minuten (dicht besiedelt) resp. 15 Minuten (dünn besidelt) müssen ca. 10 AdF auf dem Schadenplatz eintreffen. Wie bitte lassen sich Zirka-Zahlen rechtlich einfordern? Wer ist nun – moralisch – verantwortlich, wenn zu wenige AdF bei einem Brand eintreffen, um eine Rettung sicher und rechtzeitig auszuführen? Niemand mehr – alle haben (zirka) erfüllt – auch wenn jemand in Zukunft unnötigerweise den Flammentod stirbt.
Reichen (zirka) 10 AdF überhaupt für eine Rettung? Nehmen wir als Beispiel eine Rettung, welche den Einsatz einer Strebeleiter erfordert (die Anzahl Autodrehleitern wurde nämlich auch reduziert – für das Rafzerfeld beispielsweise wird sie in Bülach stationiert werden, jeder, der die Verkehrssituation nur halbwegs kennt, weiss, wie nutzlos das im Feierabendverkehr wohl trotz Martinshorn wäre). Folglich braucht es vermehrt die Sterbeleiter: Diese alleine benötigt mindestens vier – sicher wären sechs – AdF zum Aufstellen. Dazu die Atemschutzgruppe, der Einsatzleiter, die Fahrer: Bei einem richtigen Brand reichen (zirka) 10 AdF nie und nimmer. Insbesondere gilt dies, wenn eben Leitern zum Einsatz kommen. Erst bei Hochhäusern (neu ab 30 Meter Höhe statt bisher 25 Meter) werden Feuertreppen und Ähnliches benötigt und gelten bessere Brandschutzvorschriften. Deshalb unsere Frage zur Hochhausgrenze.
Es nützt nichts, wie es der Regierungsrat in seiner Antwort tut, auf ein Haftungsgesetz zu verweisen. Tatsache ist, dass die Fähigkeit, Menschen rechtzeitig aus oberen Stockwerken von Hochhäusern zu retten, gegenüber der heutigen Feuerwehr (wenn sie überall funktionierend aufgestellt wäre) eingeschränkt wird während gleichzeitig mehr Gebäude als bis anhin auf Einrichtungen verzichten können, die immerhin zur Selbstrettung befähigen würden (Feuertreppen).
Der Regierungsrat schreibt, die GVZ hätte die Möglichkeit, Alarmübungen auch tagsüber anzuordnen. Nur: Dies kam in den letzten Jahren nicht vor. Insbesondere wurden vielenorts auch die von den Statthalterämtern beaufsichtigten Hauptübungen nicht mehr durchgeführt. Das Studium von Einsatzprotokollen zeigt, dass Gemeindefeuerwehren oft mit ungenügenden Beständen im Einsatz stehen und die Feuerbekämpfung und Rettungen ohne Stützpunktfeuerwehren nicht funktionieren würden.
Noch etwas am Rande: Zur Diskussion des individuellen Mindestbestandes einer Feuerwehr wird unter anderem das Kriterum der Anzahl Einsätze in den letzten Jahren beigezogen. Wenn man diesen Gedanken konsequent zu Ende denkt, könnten ja Gemeinden ohne Brandfall in den letzten 20 Jahren getrost auf eine Feuerwehr verzichten… Spannend ist auch die Frage, weshalb wir uns auf dem Land 15 Minuten bis zur Einsatzfähigkeit leisten dürfen, während die Stadtbevölkerung schon nach 10 Minuten darauf zählen kann, dass die Rettung beginnt.
Fazit: In Kenntnis dieser Hintergründe: In den Antworten 2 bis 5 umschifft der Regierungsrat die brennenden Punkte schriftstellerisch gekonnt.
Fragen 6 und 7: Verkehrsdienst und Fahrzeugsubventionierung
Die Antwort, gegenüber heute verändere sich betreffend den Aufgaben der Spezialdienste nichts, ist nur deshalb wahr, weil dies Aufgaben in keinen verbindlichen Rechtserlassen überhaupt geregelt sind. In den Vollzugsvorschriften für das Feuerwehrwesen verändert sich aber sehr wohl etwas, das Faktum kann ich gleich als Antwort zu Frage 7 (Subventionierung der Fahrzeuge) kommentieren: Der Kanton subventioniert eben in Zukunft nur noch die Tanklöschfahrzeuge (TLF) und die Personentransporter (diese aber neu zu 90%), statt wie bisher alle Fahrzeuge zu 50% Er subventioniert nach wie vor noch die Beladung der Fahrzeuge zu 50%. Somit verliert die Gebäudeversicherung mit Feuerwehr 2020 die Mitsprache, welche Fahrzeuge sich eine Gemeinde ausser TLF und Personentransporter – ganz auf Gemeindekosten – beschafft. Wie bereits in der Anfrage begründet, wird neu das Fahrzeug für den Verkehrsdienst nicht mehr wie heute in den Vollzugsvorschriften für das Feuerwehrwesen erwähnt. Auch hier: Der Kanton vergibt sich hier die rechtlich verbindliche Möglichkeit der Einflussnahme, wenn eine Feuerwehr z.B. aus finanziellen oder personellen Gründen, den Verkehrsdienst vernachlässigt. Es mag der Absicht der Regierung entsprechen, dass sich betreffend den Aufgaben des Verkehrsdienstes in der Praxis nichts ändern sollte, die Vorschriften über die Ausrüstung des Verkehrsdienstes jedenfall ändern sich und das wird da und dort Auswirkungen auf die Fähigkeit haben, die Aufgaben zu erfüllen!
Wie weiter?
Nun, die Anfrage hat vorläufig nichts genützt, ausser oberflächliche Antworten produziert. Die Hoffnung besteht dennoch, dass durch weitere kritische Fragen und die Medienberichterstattung das Augenmerkt auf das Detail gelegt wird und vielleicht doch das Konzept Feuerwehr 2020 da und dort anders herauskommt, als in der Vernehmlassungsvorlage vorgesehen. Der Regierungsrat sei hiermit eingeladen dazu. Er sei auch eingeladen, stärker zu führen, so dass Mannschaftsbestände nicht nur auf dem Papier stimmen und Gemeinden nicht nur Zusammenarbeiten können, sondern gegebenenfalls auch müssen.
Je nach dem können, falls das definitve Konzept FW 2020 vorliegt, falls dieses nach wie vor ungenügend ist, konkrete parlamentarische Vorstösse folgen – ich bin aber relativ pessimistisch, dazu Mehrheiten im Kantonsrat zu finden, denn Politiker, die gut dastehen wollen, werden im Detail nicht boren, leben mit unverbindlichen Regelungen, unklaren Verantwortungen und oberflächlichen Antworten auf Anfragen tiptop – im Kanton wie auch in Gemeinden. Auch wenn dies in diesem Fall zu unnötigen Menschopfern führen wird.
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