Bund lässt sich von Katastrophen führen, statt dass er in Katastrophen führt.
In Fukushima kämpfen tapfere Menschen unter Einsatz ihres Lebens gegen den „worst case“. Die Brennstäbe müssen gekühlt werden, sie sind alle im „Cold Shutdown“, also ohne sich gegenseitig zur Spaltung anzuregen, haben ohne Kühlung aber noch genügend Energie, um ihre Umgebung zum Sieden zu bringen und so eine riesige radioaktive Verschmutzung herbeizuführen, in der Luft und im Grundwasser. Das ist der “worst case“. Kämpfen für die Kühlung. Es scheint momentan so, als würde es schlussendlich gelingen.
In der Schweiz distanzieren sich bürgerliche Parteien wie FDP und CVP von der Atomkraft (NZZ vom 21. März, „Das Verschwinden der AKW-Befürworter“), BDP sowieso. Früher war man „Atomlobby“.
Vergessen scheint, dass man Strom nicht als solchen speichern kann. Und dass Wasserkraft den Strombedarf der Schweiz nur zu knapp 60% deckt, und auch das nur, wenn des nachts Strom zur Verfügung steht, um die Speicherseen wieder voll zu pumpen. Nachts scheint aber die Sonne nicht, oft ist es windstill: Entweder wir produzieren Strom aus fossilen Energieträgern (duzende Tote in Kohlenbergwerke pro Jahr, riesige Umweltverschmutzung durch die Öl- und Gasförderung) oder wir setzen weiterhin auf Kernkraftwerke. Beides übrigens lieber im eigenen Land als in Abhängigkeit von unkontrollierbaren eventuellen Schmutzschleudern anderswo.
Ein Durchschmelzen der Bodenplatten ist selbst in Mühleberg kaum denkbar (Ereignis eingerechnet), der Reaktor ist dichter eingehüllt, die Notstromarggreate sind überschwemmungssicher. Die Erdbebensicherheit wird bis 2015 erhöht. In Japan zudem, sei, vom Stromkornzern und Politik gepfuscht worden, die Korruption ein innenpolitischer Skandal. Natürlich: Gegen einen Vulkanausbruch, Erdbeeben, Hochwasser, Terroranschläge und Flugzeugabstürze gleichzeitig: Es sind immer Szenarien denkbar, die auch unsere Reaktorkerne zerstören.
Das sind Fakten, die wir zur Kenntnis nehmen müssen, bevor Fukushima I zum Fanal gegen den Ersatz unserer alten Reaktoren, durch moderne, noch sicherere, Neue wird. Opportunisten nehmen stattdessen nur die kurzfristigen News zur Kenntnis. Sie schaden der Energiesicherheit der Schweiz, nützen eine Katastrophe aus und haben doch keine Alternativen bereit.
Japan und viele anderen Länder werden die Sicherheit Ihrer Kraftwerke anpassen. Japan wird nicht aus der Atomkraft aussteigen. Die Technik wird weiterentwickelt, aus dem äusserst schmerzvollen Rückschlag gelernt, weltweit. Derweil wollen sich in der Schweiz laut NZZ sogar FDP und CVP von Kernenergie verabschieden.
Auch unser Katastrophenhilfecorps hat sich in Japan verabschiedet, als es lebensgefährlich wurde. Drei Menschen wurden während 1.5 Tagen Anwesenheit geortet, keiner geborgen. Und die Schweizerische Botschaft wird nach Osaka verlegt. Der gleiche Bundesrat, der immer wieder bewaffnete Schweizer Soldaten in Kriegsgebiete schicken will, zieht sein Hilfekorps zurück, wenn es in einer lebensgefährlichen Situation lebensgefährlich wird. Auch das ist Opportunismus.
Opportunisten lassen sich von Katastrophen führen, statt dass sie in Katastrophen führen. Das sollte in den Wahlen berücksichtigt werden.