Je länger je mehr trifft man bei Gemeindewahlen auf so genannt „parteilose“ Kandidaten. Oft gar „parteilose Wählervereinigungen“. „Freie Wähler“, „Fokus“, “Forum“, „Pro“, „Puls“, „Beobachter“ oder wie sie alle heissen. Manchmal stecken dahinter legitime Interessen, zum Beispiel die Unterstützung lokaler Unternehmer unabhängig von derer Parteizugehörigkeit. Beim Label „parteilos“ selbst aber geht es nur darum, aus einem Etikettenschwindel Profit zu schlagen: Parteilosigkeit gibt es gar nicht.
Gruppierungen, die Parteilose unterstützen, tun nämlich nichts anderes als Parteien auch: Sie suchen und prüfen (hoffentlich!) Personen für politische Ämter und unterstützen sie in den Wahlen. Da es die Amtsführung in Gemeinden, wie in der Politik üblich, mit sich bringt, dass man Entscheide in guten Treuen so oder anders treffen kann, spielen Meinung und Haltungen der Behörden eine Rolle! Wer einen Kandidaten unterstützt, ist Partei für dessen Meinung. Nicht immer wissen Wählervereinigungen, was sie tun.
Denn auch Parteilose haben Meinungen, treiben aber Versteckenspiel. Das Label „parteilos“ verrät nicht, ob jemand eher sparsam, wirtschaftsfreundlich, sozial, naturverbunden, esoterisch oder gewerbefreundlich ist. Kandidierende bekannter Parteien kann man in diesen Begriffen ungefähr einordnen, weil man die Parteien kennt, auch wenn sie in einzelnen Punkten – wie jedes andere Parteimitglied auch – vom gemeinsam diskutierten und demokratisch festgelegten Parteiprogramm abweichen können. Parteilose verweigern sich dieser Einordnung, bleiben kompromisslos nur sich selbst verpflichtet: Sind einziges Mitglied ihrer Ego-Partei.
Das hat natürlich den Vorteil, dass Parteilose niemandem Rechenschaft ablegen müssen. Parteien laden ihre Behördenmitglieder an Veranstaltungen ein und lassen sie berichten, stellen kritische Fragen, und es zeigt sich, ob Behördenentscheide von der Mehrheit der Versammelten unterstützt würden. Trotzdem bleiben die Behörden frei in ihren Entscheidungen.
Parteilosen widerfährt diese Art von „Qualitätssicherung“ nicht. Und wenn sie trotzdem einmal von ihren „freien Wählern“ eingeladen werden, die in den nächsten Wahlen erneut über ihre Unterstützung entscheiden? Welches Geistes Kinde hat dann diese Versammlung? Wählervereinigungen sind nie parteilos, sondern allenfalls „Partei mit versteckter Haltung“!
Es gibt Wählervereinigungen, die vom taffen Inkassounternehmer bis zum sozial gestimmten Umweltschützer unterschiedlichste Weltanschauungen vereinigen, der gemeinsame Nenner ist einzig die Nichtmitgliedschaft bei einer Partei. Nicht-Bekennung alleine ist ein inhaltsarmes Programm. Wohin steuert eine Gemeinde mit so ausgewählten Behörden?
Fast alle Entscheidungen in der Gemeinden müssen übergeordnete Vorgaben und Umstände beachten, sind oft durch solche verursacht. Dieses “Übergeordnete“ ist politisch gesteuert, in Bezirk, Kanton und Bund. Dort betreiben Parteilose keine Politik. Spätestens, wenn sich Behördenmitglieder um das „Grosse Ganze“ ihres Handelns kümmern (sofern sie das überhaupt tun), sind sie auf eine Partei angewiesen.
Deshalb: Wenn Sie an Gemeindewahlen teilnehmen, starten Sie ehrlich. Gibt es die Partei, die Ihnen am nächsten liegt, in Ihrer Gemeinde nicht, dann gründen Sie sie. Treten Sie der Nachbarsektion oder der Bezirkspartei bei. Es gibt Möglichkeiten. Auf jeder Lebensmittelpackung ist heute Inhalt und Herkunft deklariert – ein Muss auch für die Gemeindepolitik. Natürlich verlieren Sie damit diejenigen Wählerstimmen, die ihr wahres Gesicht nicht mögen. Das wollen Sie nicht? Sehen Sie, damit sind wir beim Etikettenschwindel.
Matthias Hauser, SVP