Votum zur Debatte im Kantonsrat über die Personalpflege im Medizinhistorischen Institut:
Anrede
Linke und Mitte-Politiker mögen in der heutigen Debatte über die Personalpflege am Medizinhistorischen Institut den Ball entweder in die falsche Richtung treten oder tief halten, sie wollen von der politischen Verantwortung ablenken. Das tun sie genau so lange, bis sie selber von Mobbing betroffen sind.
Hochschulen – unsere Universität – aber auch Mittel- und Volksschulen sind öffentliche Institutionen, die keiner Ideologie unterliegen dürfen. Die Studierenden sind den Worten und Taten der Dozierenden ausgeliefert – das Denken muss offen sein und sich in alle Richtungen ausdehnen können.
Universität, Mittel- und Volksschulen sind zudem Expertenorganisationen, d.h. die Mitarbeiter sind in vielen Gebieten kompetenter – oft auch klüger – als der Chef.
Die notwendige Ideologiefreiheit wie auch der Umstand der Expertenorganisation führen zu berechtigten Besonderheiten im Personalrecht.
Früher war dies der Umstand, dass nicht eine Leitung von oben eingesetzt wurde, sondern ein „Primus inter Pares“ aus den Experten gewählt wurde, oft eine besonders besonnene Persönlichkeit, die viel Vertrauen genoss. Die Politik hatte die Aufsicht und in den Schulräten auch die Verantwortung.
In der Volksschule und an der Universität hat das Personalrecht geändert. Es sind noch Expertenorganisationen, Ideologiefreiheit sollte noch sein, doch statt einen „Primus inter Pares“ werden Rektoren, Institutsleiter, Schulleiter heute hierachisch von oben installiert. Schutz vor Kündigungen aus Ideologiegründen oder „weil eine kantige Persönlichkeit nicht ins Team passt“ bietet ein Personalrecht, das Entlassungen praktisch nur bei grossen Qualitätsmängeln ermöglicht. Diese Mängel müssen in langwierigen Verfahren, Berichten, Zielvereinbarungen festgestellt werden. Dieses Vorgehen beisst sich mit dem Anspruch, den viele Chefs haben, nämlich den, sich ein loyales Team bilden zu wollen.
Die Folge: Unliebsamen aber guten Mitarbeiter müssen Qualitätsmängel nachgewiesen werden, um sie los zu werden. Wer seinem Umfeld nicht sympathisch ist, vielleicht als Charakter nicht ins Team passt, wer ideologisch dem Chef zu wider läuft, diesen vielleicht sogar anwidert, dem muss der Chef einen Qualitätsmangel nachweisen, um ihn loszuwerden. Und da beginnt das Mobbing: Verbesserungsvorschläge des unliebsamen aber professionellen Mitarbeiters werden nicht aufgenommen, seine Mittel gekürzt, Kompetenzen eingeschränkt, Bagatellen aufgeblasen. Und öffentlich wird darüber falsch informiert, wird mit sensiblen Daten indiskret verfahren. Die Liste auch im Fall Mörgeli ist lang: Eine Kampagne.
Die Politische Führung kann für solche Prozesse bewusst einen „scharfen Besen“ als Schulleiter oder Institutsleiter einsetzen. Oder, wenn die Sache im Institut oder in der Volksschule in einer einzelnen Schuleinheit beginnt, deckt der politische Rat, die Pflege, dem mobbenden Instituts- und Schulleiter den Rücken durch alle Fehler hindurch. Auch ein Oberleutnant würde nie seinem Wachtmeister in den Rücken fallen. Manchmal werden die „scharfen Besen“ auch aus Eigeninteresse wirksam: Insbesondere dann, wenn ihnen Mitarbeiter im Licht stehen. Hat jemand vor dem Fall Mörgeli schon mal von einem Flurin Condrau gehört?
Der Mecano, der zu Mobbing führt, liegt also in den Personen, aber auch in den Veränderungen des letzten Jahrzehnts im Personalrecht der öffentlichen Expertenorganisationen. Es ist wichtig, dass sich die politische Führung dessen bewusst ist. Offensichtlich ist dies oft nicht der Fall. Im vorliegenden Fall Mörgeli ist es noch schlimmer: Die politische Führung hat mitgespielt und das Mobbing vollendet und beschleunigt.
Es ergeben sich daraus folgende Konsequenzen:
- Man sollte den Institutsleiter, Herrn Professor Condrau, ersetzen.
- Das Personalrecht der Universität und der Volksschule ist speziell. Wir müssen wieder zurück zu mehr Mitsprache der Mitarbeiter bei der Besetzung von Führungspositionen in Expertenorganisationen.
- Die Zuständigen politischen Kommissionen (Unirat, Regierungsrätin) müssen früher Verantwortung wahrnehmen und Mobbingprozesse stoppen. Falls stattdessen Mobbingprozesse beschleunig werden, ist der Fehler grob.
- Falls dieser Fehler gar bewusst eingegangen – vielleicht sogar angeordnet wurde -, wäre er ein Rücktrittsgrund. weil dann versucht worden ist, die Ideologiefreiheit der Lehre zu hintertreiben.
Damit wäre mein Referat beendet.
Matthias Hauser