Im Verdachtsfall auf sexuellem Missbrauch soll man zur Polizei gehen und Anzeige erstatten. Stattdessen subventioniert der Kanton ein Verein, der verpflichtet, sich von ihm bei Verdacht beraten zu lassen. Ein dringliches Postulat will diese Subventionen streichen.
Diejenigen Votanten im Rat, die behaupteten, mira verzichte auf Intervention, irren. Kein Wort von Anzeige und Polizei im Verdachtsfall ist in der aktuellen Selbstverpflichtung erwähnt, die mira-Mitglieder einhalten müssen. Stattdessen übernimmt mira nach wie vor selbst die Fallführung. Siehe www.mira.ch/fileadmin/Downloads/mira.deutsch/miraSelbstverpflichtungnachDV14.4.2011.pdf
Hier mein Votum im Kantonsrat zur Dringlichkeit des Postulates zur Streichung der mira-Subventionen.
„Dringlich ist das vorliegende Postulat, weil wir unbedingt wollen, dass die Erwägungen der Regierung und des Kantonsrates dazu derart zeitig erfolgen, dass deren Konsequenz vom Amt für Jugend und Berufsbildung in der Budgetierung 2013 berücksichtigt werden kann.
Unserer Meinung nach steht diese Konsequenz allerdings heute schon fest, nämlich die Streichung der Subventionen an die Fachstelle mira.
Wir wollen eine Unterscheidung zwischen Prävention und Intervention. Eine Beratungsstelle wie mira gehört in den Bereich der Prävention. Leider sehen die Konzepte von mira auch Beratungen bei Vorfällen vor, also Intervention.
Intervention – das Vorgehen ab dem Moment, wo ein Verdacht auf sexuellen Missbrauch geäussert ist – soll Sache der Polizei sein. Es geht um zu ernste Delikte. Um tiefe Verletzung der persönlichen Integrität eines Menschen mit lebenslangen Folgen, um seelischen Mord. Ein Verdacht muss mit allen Mitteln geklärt werden. Im Interesse der Opfer, damit ihr Leid aufhört, im Interesse von – was leider auch vorkommt – ungerechtfertigt Beschuldigten: Damit deutlich die Unschuld festgestellt wird. Es geht um Ruf, Beruf, Arbeitsplatz und Familie. Um festzustellen, was Sache ist, gehört die Polizei auf Platz.
Zwei Fälle sind uns bekannt, in denen mira durch das Bestreben zur Intervention Fehler gemacht hat.
Einer Judo-Bewegungsschule wurde aus dem Verein mira aufgrund von Anschuldigungen ausgeschlossen. Weil die Mitgliedschaft bei einer solchen Fachstelle Bedingung für kantonale Sportsubventionen ist, war die Bewegungsschule existentiell gefährdet. Ein Missbrauch lag nicht vor. Mira hat vor Bundesgericht verloren. Die Prozesskosten sind kantonal subventioniert.
Im zweiten Fall lag ein Missbrauch vor, Mira hat zum Gespräche geraten, statt zur Anzeige gedrängt, der Täter, ein Kletterleiter, wechselte den Ort seiner Tätigkeit mit Kindern. Weitere vier Jahre lang fand er Opfer.
Eine Intervention unserer Kantonspolizei hätte in beiden Fällen Leid verhindert. Die kantonalen Subventionen an mira haben es verlängert. Das vorliegende Postulat muss zum Überdenken dieser Subventionspolitik führen.
Auch überdacht werden muss, dass kantonale Sportsubventionen offenbar von der Mitgliedschaft beim Trägerverein einer Beratungsstelle abhängig gemacht sind, welche verpflichtet, sie selbst als erste Ansprechstelle im Verdachtsfall zu konsultieren. Vereine befinden sich im Wettbewerb um Sponsoren und Mitglieder. Es liegt somit sowieso in ihrem Interesse, mit dem Thema sexuellen Missbrauch bewusst umzugehen. Sie werden das tun. Solche Subventionsbedingungen hingegen bringen somit mehr Nutzen für Beratungsstellen statt für Kinder, Eltern und Vereine.“