Mittagsbetreuung an Schulen wäre eine Gemeindeaufgabe. Geht es aber um Tagesschulen, so soll der Kanton diese mit Steuergeldern «anschieben». In Tagesschulen gibt es im Gegensatz zu Tagesstrukturen wie Mittagstisch oder Hort eine für alle Kinder obligatorische Anwesenheitspflicht über Mittag, wer das nicht will, muss die Schule wechseln.
Dass die Grünliberale Partei zusammen mit SP und EVP ausgerechnet eine «Anschubfinanzierung für Tagesschulen» forderten und im Kantonsrat mit 84 Stimmen vorläufig unterstützt wurde, ist erstaunlich; denn mit liberal hat weder die Vergrösserung der Staatsaufgabe auf die Kinderbetreuung, noch das finanzielle Einmischen des Kantons in diese Gemeindeaufgabe und schon gar nicht die Tatsache zu tun, dass Eltern vor die Entscheidung gestellt werden: Soll mein Kind weiterhin in die Schule im Dorf besuchen und verzichten wir dafür auf die gemeinsame Mittagszeit, oder muss es nun in ein anderes Schulhaus?
Würden diese Parteien Eltern unterstützen, die gerne selber für die Mittagszeit schauen, aber mangels Einkommen auswärts arbeiten müssen? Auf diese Idee, wenn es schon um die Verteilung von Steuergeldern geht (was an sich unliberal ist), kommen sie natürlich nicht. Es geht nur um Eines: Die Schule soll die Kinderbetreuung über Mittag ganz übernehmen. Die Parteien gehen davon aus, dass der Staat dies besser kann als Eltern. «Tagesschulen sind die Zukunft» riefen Vertreterinnen und Vertreter im Ratssaal ins Mikrophon.
Persönlich bin ich da ganz anderer Meinung: Die Pause über Mittag von der Schule, vor allem auch von der sozialen Gruppe, in der jedes Kind eine Rolle hat, die anders ist als zu Hause, diese Pause tut gut. Sie gibt Energie für das Nachmittagsprogramm. Sie ist wertvolle Beziehungszeit mit den Eltern. Ich hätte dies in meiner Kindheit keinesfalls missen wollen und bin dankbar dafür. Aber man soll ja nie von sich selbst auf die Gesellschaft im Allgemeinen schliessen. Aber tun dies die Befürworterinnen und Befürworter von Tagesschulen nicht auch? Haben sie eine schlechte Erinnerung an die Mittagszeit, früher, als sie selbst Kinder waren? Wer weiss.
Die SVP hat die Parlamentarische Initiative aus folgenden Gründen nicht unterstützt:
- Die Mehrheit der Eltern freut sich, dass Kinder und auch Jugendliche über Mittag zum Essen nach Hause kommen! Es braucht keine Anschubfinanzierung, welche geneigt ist, diese Freude zu verhindern.
- Neue Staatsausgabe. Diese wird sich nicht zurückzahlen. Es ist eine Mär, dass Mittagsbetreuung zu mehr Steuereinnahmen führt, welche die staatlichen Kosten für die Mittagsbetreuung (inkl. Anschubfinanzierung) kompensiert: Der Arbeitsplatz generiert Wertschöpfung und damit Steuern – egal ob er von einer Person eingenommen ist, welche sonst Mittagsbetreuung für die eigenen Kinder leisten würde oder jemandem anderen.
- Es handelt sich bei der Mittagsbetreuung um eine Gemeindeaufgabe. Die Finanzierung durch den Kanton vermischt die klare Aufgabenteilung im Föderalismus.
Nun wird das Geschäft der ständigen Kommission für Bildung und Kultur (KBIK) zugewiesen. Dort werde ich nochmals Gelegenheit haben, die Argumente einzubringen und die Lobbysten für die elternfreie Mittagszeit vom Gegenteil zu überzeugen. Die Leserinnen und Leser bitte ich um Unterstützung insofern, als dass diese Parteien sicher nicht auf einen Wahlzettel gehören!