Mehr Schule, weniger Bürokratie

Votum im Kantonsrat, zum meiner Initiative, die Schulprogramme abzuschaffen.

Sehr geehrter Herr Präsident
Sehr geeehrte Frau Bildungsdirektorin
Sehr geehrte Damen und Herren

 Sie alle in diesem Saal sind sich mit mir einig, dass das Wichtigste an der Schule der Unterricht ist. Unterricht steht somit im Zentrum aller jener, welche die Schule gestalten und mit dem Unterricht steht und fällt die Qualität der Schule.
Guter Unterricht wird von Schülerinnen und Schülern lieber besucht, da er als sinnvoll erlebt wird – führt daher zu weniger disziplinarischen Problemen, führt auch dazu, dass Lernziele erreicht werden, in Fach-, Sozial-, Selbst- und Methodenkompetenz. Wenn guter Unterricht im Zentrum steht, lautet die Frage, welche sich jede Lehrperson konstant stellt: Was braucht es, damit ich in unserer Schule gut unterrichten kann, damit in unserer Schule guter Unterricht stattfindet?

Jawohl: Damit guter Unterricht stattfindet, braucht es Dinge, die im Schulhaus koordiniert werden. Beispiele: Termin und Inhalt von Projektwochen, eine brauchbare Mediathek, funktionierende IT, fachliche Absprachen, vernünftige Organisation von Lektionen, in denen Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Klassen zusammenkommen, gemeinsame Schulhaus-Regeln und gemeinsames Vorgehen bei deren Verstoss, Kulturangebote, Schülermitsprache, Elternmitsprache, Möglichkeiten des Austausches und gegenseitigen Coachings zur Verbesserung von Unterrichtshandeln, und und und.
Die Bedürfnisse sind je nach lokaler Situation einer Schule und sogar einzelner Lehrpersonen sehr unterschiedlich. Wir erwarten, dass die Lehrpersonen diese koordinieren, organisieren, verbessern, nicht verlauern lassen: Und meine Damen und Herren: Das tun die Lehrpersonen auch und das taten sie schon immer:

Mit erheblichem Zeitaufwand neben dem eigentlichen eigenen Unterricht kümmern sie sich um die Belange des Teams und der Schulgemeinschaft insgesamt. Anders geht es gar nicht. Der Punkt ist: Das tun die Lehrpersonen automatisch! Das gehört zum Job. Es braucht kein Gesetzesobligatorium für ein Schulprogramm dazu!

Damit zu einigen Missverständnissen:

Viele hier drin im Saal verwechseln das Schulprogramm mit dem Jahresprogramm einer Schule. Das wäre total falsch. Es geht nicht um einen gemeinsamen Terminkalender, logisch, einen solchen braucht es automatisch.
Viele hier drin, die mir vorher zuhörten, denken, „aber was der Hauser da schilderte von Koordination und Absprachen im Schulhaus, das IST ja gerade das Schulprogramm, weshalb will er es denn abschaffen?“. Diese irren sich auch.
Das Schulprogramm ist, dort wo es buchstabengetreu nach Gesetz umgesetzt wird, ein Qualitätszyklus: Einen Weiterbildungstag pro Jahr wird eingesetzt – oft haben die Kinder dann frei – , um eine “Standortbestimmung“ vorzunehmen. Dort wird definiert, welche Q-Gruppen – Qualitätsentwicklungsgruppen – im kommenden Jahr welche Fragen bearbeiten und welche Arbeitsgruppen sich um den „Courrent normale“ des Alltages kümmern. Diese Gruppen müssen sich dann regelmässig treffen. Sitzungsprotokolle erstellen, Projektziele und Meilensteine darstellen und darüber referieren. Einen zweiten Weiterbildungstag benötigt das Team, um das alles ins eigentliche Dokument „Schulprogramm“ zu schreiben, bis ins letzte Komma wohlformuliert und mit Mehrheitsbeschluss abgesegnet. Leider müssen heute mit all den Aktivitäten – so schreiben es Gesetz, Schulpflege und Schulleitung vor – nicht nur die Bedürfnisse im Alltag, sondern auch die strategischen Vorgaben der Behörden und der Schulleitung erfüllt werden. Diese orientieren sich beispielsweise am Massnahmeplan der Fachstelle für Schulbeurteilung oder an ideologischen Ideen der Laien-Behörden – oft selbst darüber, was guter Unterricht sei –  und haben in einigen Gemeinden mit den realen Bedürfnissen im Schulhaus wenig zu tun.

Da es nun in einigen Schulgemeinden vorkommt, dass die Aktivitäten, welche die Lehrpersonen für einen guten Unterricht sowieso gemeinsam planen und koordinieren müssen und tun – und die auch sehr zeitintensiv sind – differieren mit dem, was Schulbehörden und/oder auch Schulleitungen sich als Denkmal setzen wollen und strategisch ansteuern, gehört das Schulprogramm abgeschafft.

Dies ermöglicht den Schulen und Lehrpersonen, mehr Zeit für das Wesentliche einzusetzen.

  • Die Abschaffung des Schulprogrammes bedeutet, dort, wo’s auch heute sinnvoll umgesetzt wird, dass sie gesetzliches Misstrauen entfernen, nämlich dieses, dass die Lehrpersonen sich nicht sowieso koordinieren würden.
  • Die Abschaffung des Schulprorammes bedeutet, dass mindestens ein Weiterbildungstag weniger pro Jahr eingesetzt werden müsste, weil sie nämlich die Bedürfnisse des Alltag rasch und unkompliziert an der Schulkonferenz koordinieren, wie dies schon immer der Fall war. Oder man könnte den Weiterbildungstag dann wenigstens tatsächlich für die Arbeit einsetzen, zum konkreten Verbessern der Mediathek, zur Organisation des Ateliers, zum Erarbeiten von Schulhausregeln, statt nur dafür, diese Punkte zu suchen und aufzuschreiben. Die Weiterbildung würde dann als sinnvoll erlebt, sinnvoll ist – das A und O einer guten Schule.
  • Noch immer übrigens, auch wenn Sie das Schulprogramm abschaffen, sind Lehrpersonen an die Beschlüsse der Schulkonferenz gebunden.
  • Die Abschaffung des Schulprogrammes bedeutet, dass diejenigen, die in der Schule arbeiten und die tagtäglichen Bedürfnisse und auch Mängel erkennen, ihre Schule nach realen Bedürfnissen verbessern und Mängel beheben statt strategische Vorgaben von Behörden umsetzen.
  • Die Abschaffung der Schulprogramme bedeutet: „Mehr Schule und weniger Bürokratie!“. Und für das sind sie hoffentlich alle.
    Unterstützen Sie meine PI!

Liebe Kantonsrätinnen und -räte – Ich weiss nicht, welchen Käse Ihnen Ihre KBIK-Kollegen, die heute trotz Minderheitsantrag eine reduzierte Debatte beschlossen haben, in den Fraktionen erzählt haben. Aber wenn Ihnen meine Ausführungen logisch schienen, fassen Sie sich ans Herz und unterstützen Sie für einmal einen Praktiker, statt die Politiker. Stimmen Sie dem Minderheitsantrag zu.

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Leider wurde die Parlamentarische Initiative zur Abschaffung der Schulprogramme vom Kantonsrat abgelehnt.