Der Kantonsrat hat in einer ersten Lesung am 17. August 2015 die Wahlvoraussetzungen für Bezirksrichter geändert. Angesichts der Ersatzwahlen Bezirksgericht im Bezirk Bülach (2. Wahlgang am 28. Februar 2016), wo sich Laie und Jurist konkurrieren, ist mein damaliges Kantonsratsvotum aktuell. Denn Jurist zu sein ist nicht das bestimmende Kriterium!
Anrede
Als Vorstandsmitglied der SVP Bezirk Bülach durfte ich schon mehrfach an der Findung für Bezirkswahlen mitwirken, auch für Bezirksrichterinnen und Bezirksrichter. Jedesmal lag es im allerhöchsten Interesse der Findungskommission und anschliessend den beschliessenden Gremien wie Parteivorstand und Delegiertenversammlung, jemanden vorschlagen zu dürfen, der intellektuell in der Lage ist, das Amt gut zu erfüllen und sich rasch das juristische Knowhow anzueignen, oder es schon hat, und der zeitlich und von den übrigen persönlichen Belastungen her in der Lage ist, das Amt mit Engagement wahrzunehmen. Die wichtigste Komponente jeweils ist das Menschliche: Bringt jemand die Erfahrung und Kompetenz mit, sich in seine Gegenüber vor Gericht einzufühlen, ohne selbst Partei zu werden? Kann jemand auch vermitteln? Strahlt jemand den Respekt aus, den jemand, der ein Urteil erwartet, von seinem Richter erwarten darf? Meine Damen und Herren, gelöste Entscheide entlasten das Gericht und dafür sind diese Qualitäten wichtiger als alles andere. Die juristische Korrektheit wird vorausgesetzt – ob bei Laien oder Juristen.
Kandidatinnen und Kandidaten, welche die SVP Bezirk Bülach jeweils portiert hat, erfüllten die Anforderungen Intellekt, Belastbarkeit und menschliche Grösse gut. Ob sie auch noch Juristen sind, spielte dabei keine Rolle.
Es stellt sich die Frage, ob alle im Rat wissen, was Sie tun: Falls wir die vorliegende Gesetzesänderung annehmen, schränkt der Kantonsrat – das Parlament – die Wahlfreiheit seines eigenen Vorgesetzten – nämlich der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, Wählerinnen und Wähler, ein. Wir beschliessen per Gesetz Voraussetzungen für eine Wählbarkeit – obwohl uns diese Wahlen gar nicht speziell zustehen.
Es sind die Gewaltentrennung, die Volksnähe von Gerichten, das Vertrauen, das Richterinnen und Richter haben sollen und damit die Akzeptanz des Urteils in breiten Kreisen der Bevölkerung, welche einst dazu geführt haben, dass man aus verschiedenen Berufen heraus per Volkswahl Richterin oder Richter werden konnte. Denn für eine Volkswahl benötigt man Volksnähe und Vertrauen. Die Volkswahl ist das Bekenntnis, dass diese Eigenschaften wichtiger sind, als dass jemand schon zum Vornherein auf das zehnte Komma genau Gesetzestexte kennt, die man ja sowieso einhalten muss. Wir brauchen mit Richtern keine Maschinen, die Gesetze umsetzen, sondern vor allem Menschen.
Wir nehmen uns als Kantonsrat heute offenbar heraus, diese Haltung zu ändern und schränken damit das Wahlrecht des Volkes ein. Das ist demokratisch gesehen ein ungeheuerlicher Vorgang. Niemand von Ihnen hätte die Einschränkung des Wahlrechtes der Bevölkerung vor den Kantonsratswahlen, noch vor keinen zwei Monaten, zum Wahlversprechen gemacht, sonst wären Sie heute kaum hier. Wenn sie also etwas Füdli haben, dann trauen Sie bitte den Menschen, die Sie, trotz ihres eigenen Berufes in den Kantonsrat gewählt haben, auch Urteilsvermögen bezüglich der teilamtlichen Richterinnen und Richter zu. Das wäre redlich.
Es lohnt sich nicht, diese Redlichkeit zu verlassen, nur damit einige Gerichtsschreiberinnen und Gerichtsschreiber in diesem Kanton bessere Karrierechancen haben. Um das geht es nämlich primär beim Gejammer gewisser Gerichte über die Laien.
Ich bitte Sie die Vorlage abzulehnen.