Debatte im Kantonsrat zur kantonalen Volksinitiative «Film- und Medienförderungsgesetz»: Ein Kantonsrat der EVP (Hanspeter Hugentobler) vergleicht die offenbar grosszügige Filmförderung von Frankreich (700 Millionen Euro) mit der wohl als mickrig empfunden des Kantons Zürich (12 Millionen Franken). Das darf man nicht im Raum stehen lassen:
In Frankreich finden wir auf Wikipedia zum Stichwort Filmförderung die Zahlen aus dem Jahr 2000: 409 Mio. staatlich und 415 Mio. in den Regionen, ergäbe sogar 824 Mio. also sogar mehr, als Kantonsrat Hugentobler nannte. Gut. Gehen wir davon aus, heute stimmten die genannten 700 Millionen. Kann sein. Macht bei 66.9 Millionen Einwohner, die Frankreich heute hat, rund 10 Euro pro Person.
Der Kanton Zürich hat 1.4 Millionen Einwohner. Recherchiert man die Zahlen, kommt man zudem nicht ganz auf 12 Millionen Franken, nur auf 10.527 Mio., welche die Zürcher Filmstiftung 2016 ausschüttete. Macht tatsächlich nur 7.5 pro Einwohner, und dann noch Franken, nicht etwa Euro. Aber: Das ist ja nur die Zürcher Filmförderung. In Frankreich hat Hugentobler auch das ganze Land beigezogen:
Der Bund förderte den Film 2016 mit einem Budget von 55 Millionen (Bundesamt für Kultur, separate Verordnung für die Filmförderung). Dazu kommen pro Jahr über 40 Millionen Franken von SRF, RTS und RSI, sprich aus den Billag-Gebühren, der Haushalts-Steuer für unseren Medienempfang. Wenn man diese beiden Beträge zusammenzählt (95 Millionen) und durch die Anzahl Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz teilt (8.37 Mio.) ergibt sich nochmals ein Betrag von CHF 11.35 pro Kopf. Den Betrag müssen wir, zum Vergleich mit Frankreich, zu den 7.50 für die Zürcherinnen und Zürcher dazuschlagen, macht CHF 18.85. Das ist eineinhalb mal so tief in die Tasche gegriffen, wie es der Franzose für seinen Film tut.
Doch auch das stimmt immer noch nicht: Frankreich fördert nämlich nicht einfach mit staatlichen Beiträgen, sondern mit staatliche Einnahmen: So zahlen alle Kinogänger einen erheblichen Teil ihrer Eintritte in den Topf, aus dem dann die Fördergelder ausbezahlt werden, 60 Prozent des Eintrittes, wenn man einen amerikanischen Film schauen geht, auch ein rechter Batzen, wenn man ein Sex-Kino besucht, fast nichts, wenn man einen französischen Film besucht. Förderung durch Nationalismus in der Beitragsabschöpfung, wer dem Publikum einheimische Filme zeigt, zahlt weniger Abgaben. Wie bei uns schiessen die Fernsehsender ebenfalls in den Topf, aber, indem sie verpflichtet sind, Rechte für französische Filme zu kaufen: Logisch, diese Einnahmen werden letztlich auch einem Bevölkerungsteil aus dem Sack gezogen, aber Steuermittel sind die französischen Filmförderungsgelder fast nicht, ganz anders als in der Schweiz – eine Ausnahme gibt es: Mit Steuern werden private Investment-Fonds unterstützt, die später einzuspielende Eintrittsgelder vorfinanzieren, so dass die Mittel schon bei der Produktion zur Verfügung stehen.
Also, Hand ans Herz, was soll das Gejammer? Wir sind grosszügig mit unserem Film – schon bereits ganz ohne kantonales Film- und Medienförderungsgesetz! Und Frankreich könnte tatsächlich ein Beispiel sein, aber dafür nämlich, wie man durch Schlauheit direkte Steuergeld-Zuschüsse eben vermeidet!