Votum im Kantonsrat zur Einzelinitiative Brunner «Jokertage für alle». Leider hat der Kantonsrat die Einzelinitiative, die zwei Jokertage auch an Mittelschulen fordert, mit 108 Stimmen vorläufit überwiesen – und damit Freizei- statt Lernkultur Vorschub geleistet. Im Sinne meines Votums waren nur SVP und BDP dagegen.
Freizeit und die Unterstützung jugendlicher Anliegen sind trendy – derart wirkungsvoller Unterricht, wie das Projekt «eine Kampagne machen» dieser Schülerinnen und Schüler der Kantonsschule Zürcher Unterland lobenswert. Besonders während der Wahlzeit möchte sich keine Partei eine Blösse geben und die jungen Anliegen abweisen. Aber «Sie haben es gut gemacht – Sie haben es gut präsentiert» meine Damen und Herren, sind keine Argumente für den materiellen Gehalt einer Sache. Spätestens heute Nachmittag hier im Kantonsratssaal, handelt es sich nicht mehr nur um Unterricht, nicht mehr um eine Übungssituation, nicht um ein Spiel, sondern wir haben vor uns einen echten Antrag zur Änderung des Mittelschulgesetzes, ein Antrag, der im ganzen Kanton Zürich Folgen haben wird.
Wir müssen die Frage, ob Gymi-Schülerinnen und Schüler Jokertage erhalten soll, materiell seriös beurteilen. Dazu einige Überlegungen:
- Die Schulleiterkonferenz, welche die Mittelschulen im Kanton Zürich gegen oben – also auch uns gegenüber – repräsentiert, lehnt Jokertage an Mittelschulen, lehnt diese Einzelinitiative, sehr deutlich ab. Wie gewichtet der Kantonsrat, dass er allenfalls der Initiative von ein paar Schülerinnen und Schüler mehr vertraut, glaubt, Gehör schenkt, als dem offiziellen Sprachrohr der Mittelschulen, als der Erfahrung langjähriger Schulleitungstätigkeit?
- Haben die Schulleiter gute Argumente! Eines, das ich nachher nicht separat erwähne, ist dasjenige der Kontrolle und Administration. Sie stützen sich dabei auf die Erfahrungen aus zum Beispiel der Kantonsschule Baden oder dem Gymasium Trogen, welche beide etwas ähnliches wie Jokertage kennen und damit betreffend Administration und Unterricht negative Erfahrungen machen. Eine Entlastung für Sekretariat und Administration, so wie das die Initianten sagen, sind die Jokertage aber mit Bestimmtheit nicht.
- Jokertage gefährden eine heutige fallweise und liberale Regelung mit Dispensationsgesuchen. Statt dass man weiterhin alle Absenzwünsche als Gesuche prüft, welche Schülerinnen und Schüler stellen und auch formulieren müssen, braucht es mit Jokertagen ein flächendeckendes Kontrollsystem, zusätzlich zu heute – nicht anstatt -, denn selbstverständlich ersetzen Jokertage die Dispensationen nicht alle, sondern nur jene davon, in denen bisher ein Entscheidungsspielraum bestand, und selbstverständlich werden einige Schülerinnen und Schüler ihre Jokertage voll ausnützen. Grundlos, respektive einfach dem freien Tag zu liebe.
- Dabei haben Mittelschülerinnen und Schüler schon so relativ viele Unterrichtsausfälle. Anders als in der Volksschule fallen die Stunden tatsächlich aus, wenn die Lehrperson krank oder abwesend ist. Oft wissen das die Schülerinnen und Schüler auch zum Voraus.
- Die Arbeitszeit und die Freizeit – zum Beispiel eben wegen Ausfällen – zu planen und zu bugdetieren ist eine Kompetenz, die Menschen benötigen und ausserhalb der Volksschule – in der Wirtschaft, in der Lehre – heute überall ohne Jokertage meistern müssen. Statt dies zu fördern und beim Gesuchswesen da und dort milde zu sein, wie heute – aber auch streng, wo nötig – Erziehungsaufgaben der Mittelschulen – will diese Einzelinitiative einfach zwei Jokertage einführen: Damit sagen wir: Hey, deine Freizeit ist wichtiger als die Schule. Welch falsches Signal für eine Mittelschule.Selbst wenn das Signal nicht so deutlich wahrgenommen wird: Auf jeden Fall sinkt damit die Anzahl Unterrichtstage pro Schülerinnen oder Schüler. Wir haben einst das Gymi verkürzt und bauen ständig weiter ab!
- In der Berufswelt käme dieses Signal niemanden in den Sinn. Wer als Jugendlicher eine Lehre macht, hat niemals Jokertage, sondern bei Schulausfall einen Arbeitstag mehr im Geschäft. Irgendwann ist fertig mit Jokertagen im Leben! Diese Einzelinitiative macht das Gymnasium in einem weiteren Aspekt zum Elfenbeinturm.
Die Freizeit und Bequemlichkeit nehmen dank dieser Einzelinitiative zu, die Anzahl Schultage nimmt ab, die Schulen werden durch Administration belastet. Wir lehnen diesen Unsinn ab.