Nein zur neuen Kantonsverfassung
Keine Handlung von Staat, Gemeinden und Bürgern darf der Verfassung widersprechen und jeder Artikel der Verfassung muss mit Gesetzen, Verordnungen und Verfügungen vollzogen werden. Die Verfassung bestimmt unser Leben. Daher ist es töricht, die neue Kantonsverfassung mit oberflächlichen Argumenten wie „übersichtlicher“, „sprachlich moderner“, „ausgewogener Kompromiss“ etc. Lob zu preisen (ausserdem hat sie doppelt so viele Artikel die heute gültige Verfassung). Stattdessen müssen die Auswirkungen der neuen Verfassung beurteilt werden – und, ob wir uns diese überhaupt leisten können.
Vor allem in den Kapiteln Grundlagen, Grundrechte, Sozialziele und Öffentliche Aufgaben sind zahlreiche Leistungen aufgelistet, welche unsere Gemeinschaft den einzelnen Bürgern zu Gute kommen lassen soll. So heisst es etwa: „Kanton und Gemeinden fördern den Sport“ (auch die Kultur und die Kunst), „Kanton und Gemeinden schaffen günstige Voraussetzungen für den Dialog zwischen Kulturen, Weltanschauungen und Religionen“ oder „Kanton und Gemeinden fördern die berufliche Weiterbildung“. Dies alles tönt sinnvoll und ist deshalb verführerisch! Kanton und Gemeinden werden in der neuen Kantonsverfassung 20-mal verpflichtet, etwas zu fördern, 19-mal für etwas zu sorgen und 7-mal sollen sie günstige Rahmenbedingungen für etwas schaffen. Verpflichtungen bedeuten Ausgaben und führend daher entweder zu einer Steuerlast und damit zu weniger Freiheit für die Steuerzahler, oder zu einem Anwachsen der Verschuldung. Daher und sind oder waren einzelne Staatsaufgaben umstrittener Gegenstand ständiger politischer Diskussionen. Sie sollen nun auf einen Schlag in der Verfassung zementiert werden: Da sich der Gesetzgeber an die Verfassung halten muss, kann die Politik dadurch die Staatstätigkeit nicht mehr in Frage stellen. Schlimmer noch: Die Erwähnung einer Staatsaufgabe in der Verfassung garantiert für eine sehr umfassende Erfüllung dieser Aufgabe. Die entsprechenden Interessengruppen werden nicht versäumen, ihre Forderungen an den Gesetzgeber zu stellen und in der heutigen politischen Realität werden diesen Wünschen die wenigsten Kantonsräte widerstehen. Die Verfassung selbst bringt sogar einige komplett neuen Aufgaben (z.B. „Gemeinden fördern die Erwachsenenbildung“ und weitere).
Kurz: Mit der neuen Kantonsverfassung erhielte unser Gemeinwesen ein vom Gesetzgeber nicht mehr veränderbares sozialdemokratischen Fundament. Mehr Staatsaufgaben und Ansprüche, weniger persönliche Verantwortung und weniger Freiheit. Etwas derart kostentreibendes wie die neue Verfassung können wir uns nicht leisten.
Zudem enthält die neue Kantonsverfassung unmittelbar wirksame, nicht sinnvolle Artikel. Hier einige Müsterchen:
- Zugang zu amtlichen Dokumenten für jedermann (d.h. Gemeinderäte haben ihre Akten offen zu legen und sind künftig zu einem rechten Teil ihrer Arbeit auch mit dieser Offenlegung beschäftigt…)
- Ein Drittel der Anwesenden an einer Gemeindeversammlung kann (z.B. nach einem verlorenen Entscheid) eine Urnenabstimmung verlangen (damit war die Versammlung eigentlich nutzlos und der Entscheid geht ein halbes Jahr länger).
- Gemeinden können gezwungen werden, sich an Zweckverbänden zu beteiligen (an welchen Zweckverbänden wird vom Kanton bestimmt).
- Die Gemeinden Zürich oder Winterthur können ganz alleine eine Volksabstimmung über eine kantonale Vorlage verlangen. Ansonsten benötigt dies 12 Gemeinden.
- Der Kanton mischt sich in den Prozess der Gemeindebildung. Er fördert Fusionen und die Verfassung schreibt bei der Bildung von neuen Gemeinden ein Gesetz vor.
Die vorliegende neue Kantonsverfassung zementiert bisherige und führt zu neuen Aufgaben für den Staat und Gemeinden. Sie schränkt die Freiheit der Gemeinden und ihrer Bürgerinnen und Bürger ein. Eine Verfassung müsste das Gegenteil: Den Bürgerinnen und Bürgern eine grosse persönliche Freiheit garantieren und den Staat statt mit Verpflichtungen in Ketten zu legen (versklavt zum Geldausgeben) ihn ganz einfach zurückbinden. Für die Freiheit ist ein „Nein“ am 27. Februar sehr wichtig.