Facharztausbildungen und Personenfreizügigkeit? Ein Beispiel zum Inländervorrang

Anfrage zur Facharztausbildung (Download)

Kürzlich führte ich ein Gespräch mit einer jungen schweizer Zahnärztin, beste Qualifikationen, die in der Schweiz eine Facharztausbildung absolvieren wollte – und die dazu notwendige Stelle als Assistenzärztin an einer Universitätsklinik nicht erhielt. Nicht in Zürich, nicht in Bern und nicht  in Basel. Begründet wurden die Absagen nicht. Mindestens eine der nachgefragten Stellen wurde an eine ausländische, im Ausland ausgebildete Ärztin vergeben. Die Ärztin, mit der ich das Gespräch führte, hatte keine andere Möglichkeit, als selbst im Ausland eine Assistenz zu suchen – was übrigens auf Anhieb gelang.

Leider ist dies dem Vernehmen nach kein Einzelfall (ich habe noch mit weiteren Ärzten das Gespräch gesucht). Obwohl offenbar die Assistenzarztstellen für die Facharztausbildungen der Nachfrage nicht genügen, bestehen weder klare und einheitliche Kriterien noch Wartelisten. Es kommt, Qualifikationen vorausgesetzt, einfach darauf an, ob eine Interessentin oder ein Interessent ins Team des entsprechenden Klinikdirektors passt oder nicht. So passen Beispiel auch deutsche Assistenzärzte besser zu deutschen Klinikdirektoren.

Der Inländervorrang ist im Zusammenhang mit der Nicht-Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative in aller Munde. Die Praxis an den Universitätskliniken zeigt, dass es heute überhaupt nicht funktioniert: Willkür und Freiheit für die Klinikdirektoren ist offenbar wichtiger, als Chancengleichheit für junge, engagierte, weiterbildungsbereite Schweizer Ärzte.

Also habe ich im Kantonsrat zu den Zusammenhängen mit Kantonsrätin Astrid Furrer (FDP) eine Anfrage eingereicht. Natürlich kann sich diese nur auf das Unispital im Kanton Zürich beziehen – obwohl andere Kantone genau so betroffen wären. Wir dürfen gespannt auf die Antworten der Gesundheitsdirektion sein.

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Anfrage Facharztausbildung (Download)

Text

Für die Ausbildung zum Facharzt in Medizin und/oder Zahnmedizin (z.B. Oralchirurige, Kieferorthopädie, rekonstruktive Zahnmedizin, Neurologie, Neurochirurgie, Dermatologie, ….) wird eine Assistenzstelle an einer Universitätsklinik vorausgesetzt. Die Besetzung solcher Assistenzstellen entscheidet somit über die berufliche Zukunft junger Medizinerinnen und Mediziner. An einer öffentlichen Universitätsklinik müssen daher für die Selektion zu solchen Ausbildungen Kriterien angewandt werden, welche dem Prinzip der Chancengleichheit genügen. Dazu stellen wir Fragen:

  1. Welches sind die Kriterien, die bei der Besetzung von Assistenzstellen in der Facharzt­ausbildung zum Tragen kommen?
  2. Wie viele solche Assistenzstellen werden pro Jahr in den unterschiedlichen Facharztausbildungen am Universitätsspital Zürich angeboten? Genügt das Stellenangebot der Nachfrage? Aus welchen Ländern stammen die Bewerberinnen und Bewerber? In wie vielen Fällen werden Absagen erteilt und wie werden diese begründet? Werden Wartelisten geführt?
  3. Wie viele solche Assistenzstellen sind durch ausländische Ärztinnen und Ärzte besetzt, die ihr Medizinstudium nicht an einer Schweizer Universität abgeschlossen haben?
  4. Lässt sich zwischen der Nationalität eines Professors (Klinikleiters) und der Nationalität seiner Oberärzte und Assistenzärzte eine Korrelation herleiten? Wir bitten um einen zahlenmässigen Beleg dieser Antwort.
  5. Wie kommt es, dass offenbar in der Schweiz ausgebildete Ärztinnen und Ärzte mangels Assistenzarztstelle ihre Facharztausbildung nicht antreten können, und gleichzeitig solche benötigte Weiterbildungsstellen an ausländische Mediziner vergeben werden?
  6. Sind die Gesundheits- und die Bildungsdirektion bereit, Massnahmen zu treffen, damit Menschen, in welche Schweizer Steuerzahlerinnen und Steuerzahler investiert haben, Vorrang vor im Ausland ausgebildeten Ärzten haben? Eine Art Inländervorrang?
  7. Sofern der Auslandaufenthalt von Assistenzärztinnen und Assistenzärzten als wichtig für die Ausbildung empfunden wird: Gibt es Partnerschaften zwischen Universitätskliniken verschiedener europäischer Städte – respektive werden im Gegenzug zu ausländischen Ärzten an Schweizer Kliniken junge in der Schweiz ausgebildete Ärztinnen bei der Suche von Assistenzarztstellen zur Fachausbildung im Ausland unterstützt?

Für die Beantwortung dieser Fragen danken wir herzlich.

Astrid Furrer,  Matthias Hauser