Die SVP Bezirk Bülach lud am Mittwoch, 26. Oktober, zur Diskussion zum Thema Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative und zur Europapolitik allgemein. Es stritten SP-Nationalrätin Min Li Marti und SVP-Nationalrat Hans-Ueli Vogt vor 40 Zuhörerinnen und Zuhörern.
«Wäre ich in der SVP, so wäre ich mit der Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative nicht zufrieden», Min Li Marti, die unter anderem Wirtschaftsgeschichte studiert hatte, versteht den Unmut der Initianten. Aber: «Die Bilateralen und die Initiative sind unvereinbar, das weiss auch die SVP». Tatsächlich, für Hans-Ueli Vogt, Professor für Wirtschaftsrecht, sind die Verträge keine heilige Kuh: «Wir haben nie gesagt, dass die Bilateralen durch die Masseneinwanderungsinitiative unberührt bleiben, sondern dass man sie neu verhandeln muss».
Solche Kernaussagen gewann Gesprächsleiter, Kantonsrat Matthias Hauser, den Referenten in der ersten halben Stunde ab – dann kam das Publikum zum Zug.
Abstimmungsresultat ausgetrickt
«Masseneinwanderung» wird unterschiedlich wahrgenommen. Vogt: «Vor dem Abschluss des Vertrages über die Personenfreizügigkeit hat uns der Bundesrat 8’000 Einwanderer pro Jahr versprochen – gekommen sind 80’000!» Marti präzisiert: «Die qualifizierten Einwanderer vom Nachbarland hat die Wirtschaft geholt und immer wenn die SP Massnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer treffen will, sperrt die SVP dagegen!». «Viele Einwanderer landen im Sozialsystem», so Vogt. Die Diskussion wiederholte Argumente des einstigen Abstimmungskampfs.
Und ein solcher steht ja bevor. Denn die «Raus aus der Sackgasse – Initiative» (Rasa) will die Masseneinwanderungsinitiative rückgängig machen. Min Li Marti: «Demokratisch nicht ideal, aber der Bundesrat empfiehlt Rasa zur Ablehnung und wird einen Gegenvorschlag ausarbeiten, den muss man anschauen». Vogt’s Befürchtung ist, dass der Gegenvorschlag gleich lauten wird, wie die geplante Nicht-Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative. Selbst wenn dann weder die Rückgängigmachung (Rasa) noch der Gegenvorschlag Volksmehrheiten fänden, gilt die Nicht-Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative, wie sie das Parlament beschlossen hat.
Gremien statt Volk
Die bilateralen Verträge will die EU institutionalisieren. Das bedeutet, es sollen Gremien die Einhaltung überwachen, die Auslegung bestimmen und Differenzen entscheiden. Der Prozess der Anpassung der Verträge soll festgeschrieben werden. Gremien und festgelegte Prozesse ersetzen, was heute Vertragspartner verhandeln müssen, wobei für die Schweiz hinter dem Vertragspartner heute ein Volksentscheid steht. Vogt und Marti sind einig, dass ein Rahmenabkommen weniger Demokratie bei EU-Fragen bedeutet. Für die SVP ist die Institutionalisierung eine Vorstufe zum EU-Beitritt, den der Bundesrat und viele in Bern nach wie vor anstreben. Marti: «Die EU will Sicherheit mit den Verträgen, auch bei der Personenfreizügigkeit.» Falls nun die Masseneinwanderungs-Initiative ohne die Bilateralen zu verletzen umgesetzt würde, sei aus der Sicht der EU auch die Institutionalisierung nicht so wichtig. Vogt: «Der EU geht ja sogar der Inländervorrang zu weit.»
Interessenslage wäre Trumpf
Aus dem Publikum kam die Idee, dass die übrigen Dossiers der Bilateralen, kaum zur Debatte stünden, selbst wenn die EU damit drohe: In diesen habe die EU überall höhere Interessen als die Schweiz. «Und nur, weil unsere Wirtschaft billige Arbeitskräfte wolle, müssen wir nicht nachgeben».
Es war spannend – informativ – doch nach einer Stunde Schluss.