Seit meiner Kindheit wartete ich auf den diesen Beschluss des Kantonsrates:
Mit 103 zu 59 Stimmen hat der Kantonsrat heute, am 29. Mai 2017, endlich dem Geschäft 5288 (Objektkredit für den Ausbau der Schaffhauserstrasse in Bülach und Glattfelden) zugestimmt.
Die Fahrt von Hüntwangen zu meinen Grosseltern in Bülach dauerte in den 80ziger-Jahren bei guten Verhältnissen 11 Minuten und 30 Sekunden. Bei schlechten Verhältnissen bis zu 45 Minuten. So mussten wir schon damals zirkeln, um am Abend nicht in den sogenannten «Stau durch den Hardwald» zu kommen. Nun, 35 Jahre später, packt der Kantonsrat das mittlerweile oft während dem ganzen Tag bestehende Stau-Problem endlich an.
Hoffentlich verzögerungsfrei, sprich ohne die beiden Minderheitsanträge, die dem ganzen Projekt einfach böswillige Knebel zwischen die Beine werfen.
Zum ersten Minderheitsantrag: “Entkernung“ der Vorlage
Der erste Minderheitsantrag fordert, was es selbst heute nicht gibt: Die heutige Hardwaldstrasse reisst seit jeher einen – bevor es einen Haag links und rechts der Fahrbahn gab tödlichen, später unüberquerbaren – Graben für Wildtiere und Fussgänger durch den Hardwald. Sowohl ein Fussgängerübergang als auch eine Wildtierüberquerung sind nun im Projekt vorgesehen. Ebenso gegenüber heute bessere Sicherheitsmassnahmen, die der Minderheitsantrag mit der Mitteltrennung ja auch fordert. Der Antrag wurde nicht wegen diesen Dingen gestellt, sondern nur aus einem Grund: Sie wollen den Ausbau auf vier Spuren nicht. Damit aber, meine Damen und Herren, verhindern Sie die Lösung der Stauproblematik nachhaltig, einen Teil des Staus entsteht wegen der Zusammenführung der Flughafenautobahn von vier auf zwei Spuren. Wer Ihrem Antrag zustimmt, entkernt das Projekt von seinem Sinn – man kann sich dann das Geld sparen. Der Ausbau auf vier Spuren zwischen Autobahnende Bülach-Nord und dem Kreisel Chrüzstrasse ist dringend notwendig, Fahren statt Stehen verhindert Umweltbelastung durch Verkehr, der sowieso durch dieses Nadelöhr muss.
Zum zweiten Minderheitsantrag: Regionale Situation nicht verstanden
Die Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer, die heute den Fahrradweg durch den Hardwald wählen, sind mutig. Erstens inhalieren Sie mehr Abgase, als sie es auf jedem anderen Fahrradweg im Kanton tun würden, zweitens kommt es alle paar Jahre zu sehr tragischen, auch tödlichen, Unfällen auf diesem Fahrradweg, weil Autofahrer die Spur verfehlen, drittens führt der Fahrradweg aus dem oder ins Bülacher Industriequartier oder zum Scheibenstand. Wer nach Bülach-Süd muss, oder zur Kantonsschule oder in die Altstadt wählt schon heute die Route hinter dem Hardwald hindurch (kein offizieller Fahrradweg). Und diese Route hinter dem Hardwald wird – die Vorlage verspricht eine solche Variante – kürzer als sie heute ist und neu erst noch autofrei. Ihr Antrag, dass vor dem Hardwald-Ausbau ein gegenüber heute höchstens drei Prozent längeren Fahrradweg vorhanden sein muss, tönt konstruktiv, ist es aber angesichts der lokalen Verhältnisse überhaupt nicht. Er zielt auch nur auf Eines: Auf die Verhinderung der Hardwald-Entlastung.
Gegen die Verhinderung – Grundsatzschelte an die linksgrüne Verkehrspolitik
Verkehr ist wie Wasser. Mehr Wasser fliesst, so nehmen Sie fälschlicherweise an, wenn man grosse Rohre baut. Also, so lautet die simpel-linksgrüne Logik: Lassen wir die Leitung klein, so bleibt der Verkehr gering.
Richtig ist aber auch: Selbst in grossen Rohren fliesst das Wasser nur, weil es ein Gefälle hat. Die Rohrgrösse bestimmt den Druck und die Zeit, die es braucht, das Wasser hindurch zu bewegen! Das Gefälle beim Verkehr entsteht dadurch, dass die meisten Arbeitsplätze im Glatttal und unmittelbar in und rund um die Stadt Zürich liegen und entstehen, und dass gleichzeitig nördlich des Hardwaldes, die Landpreise und damit Wohnkosten bezahlbar sind. Also wohnen viele, gerade Menschen, die sich teurere Lagen nicht leisten können, dort wo ich wohne, und arbeiten in Zürich.
Man nimmt die hohe Reisezeit für die günstigeren Verhältnisse in Kauf. Und nun der wirtschaftsgeografische Fakt: Je beschwerlicher Sie Verkehrsverbindung gestalten, desto tiefer bleiben die Wohnkosten im Norden, desto weniger Arbeitsplätze entstehen im Norden, desto grösser bleibt das Gefälle, desto mehr Druck bleibt auf der Strasse. Wenn Sie die Strasse hingegen ausbauen, steigen die Wohnkosten auch im Rafzerfeld, haben unsere Gewerbler mehr Arbeitsplätze, zu denen man nicht mehr nach Zürich reisen muss, nützen Sie also der Region und der Umwelt.
Dies gilt insbesondere deshalb, da das Wachstum und die Entwicklung der kantonalen Randregionen durch das leidige Raumordnungskonzept im Richtplan und die Kulturlandinitiative begrenzt wurden. Es ist also absehbar, dass das nördliche Zürcher Unterland trotz besserer Verkehrsverbindung nur noch endlich wachsen wird – die Gleichung bessere Strasse = mehr Menschen stimmt hier nur begrenzt.
Bösartig der Bevölkerung gegenüber
Doch halt – mit dem vorliegenden Hardwald-Projekt lösen wir eigentlich nicht ein zukünftiges, sondern ein seit 40 Jahren bestehendes Problem. Wenn Sie nun zu diesem Projekt Nein stimmen würden, so wäre das nicht nur für die Zukunft falsch, sondern bösartig der Bevölkerung gegenüber, die bereits heute im Norden des Kantons wohnt. Stimmen Sie bitte Ja.