Bereits elf Einzelinitiativen hat Initiant Marcel Blunier dem Kantonsrat eingereicht. Die Beschneidung von Knaben, die Kindertaufe, religiöse Symbole, Ausdrücke, wie «Grüss Gott» oder «Sabbatical» will der Mann verbieten. Und auch das Kirchengeläute. Bislang hat noch keine Kantonsrat zu den Anliegen gesprochen. Die Anliegen finden von niemandem Unterstützung, daher vergeuden wir keine Debattierzeit damit. Aber vielleicht muss trotzdem einmal geantwortet werden. Schweigen führte bislang immer zu neuen Initiativen. Fühlt sich der Initiant etwa nicht ernst genommen?
Nun, hinter den Kulissen gibt es sehr wohl in jeder Fraktion eine Kantonsrätin oder einen Kantonsrat, die oder der die Vorschläge des Initianten prüfen muss. In der SVP fällt die Rolle seit dem Weggang von Claudio Zanetti in den Nationalrat mir zu. Hier meine Antwort an Herrn Blunier:
Herr Blunier, alle Ihre Initiativen behandelten die Religionsfreiheit. Sie sind in Sorge um diese. Das wäre gerechtfertigt, wenn Sie den Blick auf totalitäre Gemeinschaften richten würden, extreme Gruppierungen, salafistische Erziehung, Sekte etc. Wenn solche Gruppierungen Vorkehrungen treffen, welche die Integration von Kindern in unserer offenen Gesellschaft erschweren, Herr Blunier, dann wird Ihre Sorge von uns geteilt. Das Strafrecht greift tatsächlich manchmal zu spät.
Doch Sie begründen Ihre Initiativen nicht mit Sektenhaftem, sondern mit alltäglichen Zeichen von Religion unter anderem im Rahmen des Kultus von Landeskirchen, die alles andere als vereinnahmend sind. Wir haben die Religionsfreiheit in unserem Land, nehmen Sie das zur Kenntnis: Aus jeder Kirche, die staatlich anerkannt ist, kann jede und jeder der will jederzeit austreten ohne andere Konsequenzen, als die Rechte und Pflichten als Kirchenmitglied zu verlieren, was ja logisch ist.
Die Religionsfreiheit und die Unversehrtheit von Körper und Geist ist durch keinen der durch Ihre Initiativen angegriffenen Gegenstände gefährdet. Weder durch die Kindertaufe (die im Gegensatz zur Erwachsenentaufe keine Willensbekundung beinhaltet, sondern die unbedingte Angenommenheit durch Gott wie sich dies einige christliche Eltern für ihre Kinder wünschen) noch durch eine Beschneidung bei Knaben – die erstens keine Verstümmelung ist, wie sie schreiben, und zweitens noch viele anderen als nur religiöse Gründe haben kann – noch durch Kreuze, welche Menschen – Lehrpersonen und Schülerinnen und Schüler – an Kettchen um den Hals tragen, was Sie in öffentlichen Schulen auch verbieten möchten. Religiöse Bilder sind keine Bedrohung, Symbole und Kleidung mögen die Zugehörigkeit zu einer Religion ausdrücken, beeinflussen aber andere Menschen durch ihre blosse Anwesenheit nicht. Ausdrücke wie «Grüss Gott» oder «Sabbatical» werden gedankenlos, nicht religiös begründet verwendet.
In keinem der von Ihnen erwähnten Tatbestände steckt Mission drin. Nicht einmal beim Wohlklang der Kirchenglocken, die allenfalls noch die hiesige Leitkultur zeigen, oder auch nur die Zeit läuten oder das Wochenende begrüssen – die Interpretation ist frei. Wenn Sie solche Dinge verbieten wollen, Herr Blunier, greifen Sie weit in die Grundrechte von Einwohnerinnen und Einwohner ein, die ihre Religion ausdrücken. Ihre Forderungen sind daher im Prinzip nicht für, sondern gegen Religionsfreiheit. Und elf Einzelinitiativen zur fast gleichen Sache – mit Verlaub – das ist sektenhaft.
Deshalb werden Ihre Anliegen kaum je von einer Mehrheit unterstützt und deshalb ist ihr Engagement vergebliche Müh. Im Rat schweigen wir zwar dazu, doch in Ehrung der Einzelinitiative sollten Sie einmal eine Anwort erhalten, diese habe ich nun gegeben.