Auf meinem Schreibtisch liegt an Ostern noch reformiert Nr. 3 vom März. Gelesen und nicht weggelegt, weil mich der Titel «Der Kirchenrat will politischer werden» etwas geärgert hat. So nutze ich die Feiertage, für diesen Leserbrief:
Pfarrer meiner Kirche engagieren sich im Talar gegen die Durchsetzungsinitiative, welche ich, genauso mit einem christlichen Gewissen gesegnet, unterstützte. Es ist in Ordnung, ein Zeichen setzen zu wollen, dass Gäste, die sich unrechtmässig verhalten, nicht willkomen sind. Dass in der Schweiz durchgegriffen wird. Niemand soll sich zu Hause aufmachen und vielleicht im Mittelmeer ertrinken, weil er sich falsche Hoffnung macht, Hoffnung auf die totale Willkommenskultur: Bei uns seien ja sogar noch Rechtsbrecher willkommen. Die Pfarrer, die am Hauptbahnhof Flyer verteilen, taten genau dies kund und schürten damit Hoffnung, die Menschen ins Mittelmeer treibt. Unmenschlich.
Nun man kann von Initiativen halten, was man will. Christlich argumentieren könnten oft beide Seiten. In der reformierten Landeskirche besteht im Gegensatz zu vielen anderen Religionsgemeinschaften kein Dogma, keine moralische Deutungshoheit. Auch die Pfarrer dürfen diese nicht für sich beanspruchen.
Also: Was die Bürger Res Peter (Pfarrer Neumünster) und Christoph Sigirst (Pfarrer Grossmünster) zu einer Abstimmungsvorlage sagen, ist ihnen frei. Sie dürfen auch die Berufsbezeichnung «Pfarrer» auf Flyern und bei Leserbriefen anführen, man darf zeigen, welche Kompetenzen man hat. Aber während ihrer Arbeitszeit und in Uniform (im Talar) gegen oder für Initiativen Abstimmungskampf zu betreiben, geht nicht. Denn so treten sie als Vertreter der Landeskirche auf. Und diese hat politisch neutral zu sein. Nimmt die Kirche Stellung, stempelt sie die gegenteilige Haltung automatisch als weniger oder gar unchristlich, was ein Vergehen am reformieren Grundgedanken ist, der einzig auf dem Glauben an Jesus beruht und sonst offen ist.
Matthias Hauser, Kantonsrat SVP