Editorial Nr. 21 – Hüntwanger Mitteilungen – In der Pflege sind Herzensgüte und Geduld unterbezahlt.

Liebe Einwohnerinnen und Einwohner

Wenn ein Hüntwanger Verein auswärts auftritt, ist er Botschafter unserer Gemeinde und macht uns je nach Wettkampfresultat oder Verhalten im Festzelt berühmt und berüchtigt. Beides ist positiv und signalisiert eine Dorfkultur, wo man gerne lebt, wo angepackt wird und die Welt vernünftig funktioniert. Deshalb freut sich der Gemeinderat, wenn ein Verein ein «Eidgenössisches» besucht. Kommt er nach Hause, holen andere Vereine ihn mit Fahnen und im Tenu ab – ein Anerkennungszug durchs Dorf endet mit einem Apéro der Gemeinde. Mit dem Turnverein und dem Armbrustschützenverein durften wir kürzlich diesen ehrenvollen Akt erleben. Vielen Dank allen, die mitgemacht haben!

Ein schönes Dorffest sendet ähnliche Signale. Unter dem Präsidium von Peter Merkt ist ein OK gegründet worden, das ein Fest im Jahr 2021 organisiert. Das Letzte fand 2004 statt. Es gelingt, wenn wir uns darauf freuen, Ideen einbringen, wagen und umsetzen. Etwas gemeinsam auf die Beine stellen macht uns untereinander bekannt – viele Einwohnerinnen und Einwohner waren 2004 noch nicht dabei und schliesslich werden die Meisten von uns in Hüntwangen gemeinsam alt. Gehen wir aufeinander zu und zeigen einander und der Welt, was wir können und lieben!

Kosten und Organisation einer Gemeinde

Wieviel darf die Gemeinde kosten? Man erwartet von der öffentlichen Hand auch bei komplexen Sachverhalten umfassende Fachkenntnisse, fehlerlose, optimierte Abläufe, hohe Qualität. Ist das berechtigt? Bedeutet «weniger Public Service» nicht auch «mehr eigene Möglichkeiten»? Das offensichtlichste Beispiel sind Steuern: Bezahle ich weniger öffentliche Leistung (Löhne oder Firmen, die für Hüntwangen arbeiten), kann ich das Geld selbst nutzen.

Ähnlich ist es mit Beschlüssen: Was der Gemeinderat nicht regelt oder rechtlich schon vorgegeben ist, darf man selbst entschieden. Man muss sich selber fragen, ob ständig auf der Strasse parkieren wirklich sinnvoll ist. Das Störende in Nachbars Garten selber ansprechen (manchmal wird zuerst der Gemeinderat gefragt). Meiner Meinung nach ist es gut, dass nicht jedes Ärgerchen zu einem freiheitsbeschränkenden Artikel oder einer offiziellen Handlung führt.

Oft gibt es Spielraum, in welchem der Gemeinderat entscheiden kann oder muss. Beispielsweise Fassadenfarben im Rahmen von Baugesuchen, Auflagen im Sozialbereich oder für Veranstaltungen. Die Anlehnung an Beschlüsse ist einfacher, als das Risiko einer eigenen Entscheidung und Eigenverantwortung, besonders wenn droht, dass die Behörde doch anders beschliesst. Wie sehr eine Behörde der Versuchung zu kontrollieren und zu regeln widerstehen kann, ist eine stete Diskussion zwischen Haltungen, bei der es keine Wahrheit gibt.

Viele, die beruflich gewohnt sind, sich auf zentrale Fragen zu konzentrieren und strategische Entscheidungen zu treffen und entsprechend Freiheiten zu lassen, sind vom Behördenamt ausgeschlossen, wenn sie infolge operativer Aufgabenfülle daneben nicht voll berufstätig sein könnten. Somit muss die operative Führung der Gemeinde, die eigentliche Umsetzung von Beschlüssen, ganz bei Mitarbeitenden liegen. Je mehr sich folglich auch die Behörde auf die Qualität der Leistung verlassen muss, desto teurer wird es. Damit sind wir wieder bei der Ausgangsfrage: Wieviel darf die Gemeinde kosten?

Das Thema ist eine Katze, die sich in den eigenen Schwanz beisst. Der Gemeinderat wird versuchen, diese Katze in einem Strategieprozess etwas zu begradigen. 

OK, das war kompliziert formuliert: Auf jeden Fall können Sie erwarten, dass vorhandene Mittel – Geld und Zeit – optimal eingesetzt werden. Wir sind wirtschaftlich unterwegs, die Qualität müssen wir in einigen Bereichen steigern.

Herzensgüte und Geduld sind krass unterbezahlt

Etwas ganz anderes: Ich durfte erfahren, welche wertvolle Arbeit Pflegende (Spitex am Rhein, Pflegewohngruppe Rössli) täglich erledigen. Von der unendlichen Geduld und Herzensgüte der Pflegenden werden die Meisten, die dies lesen, einmal profitieren. Auch vom Fachwissen natürlich, das sich ausbilden lässt und dem die Löhne entsprechen. Herzensgüte und Geduld aber sind krass unterbezahlt.

matthias.hauser@huentwangen.ch