Editorial 15 – Hüntwanger Mitteilungen – Schule im Dorf

Liebe Einwohnerinnen und Einwohner

Eine der schönsten Aufgaben als Gemeindepräsident ist, wenn ich bei hohen runden Geburtstagen Glückwünsche der Gemeinde überbringen darf. Manchmal ergibt sich Zeit für einen Schwatz – und oft erfahre ich dabei, wie es früher war: Eine gemeinsame Kühltruhe und Waschmaschine unten im Gemeindehaus, das WC im Hinterhof, nur Stube und Küche geheizt, geduscht wurde nicht, stattdessen einmal die Woche im Zuber gebadet und die Kleider gewechselt. Zur Arbeit nach Schaffhausen gingen einige mit dem Fahrrad oder sogar zu Fuss.

Ich bin froh, heute behüteter und bequemer leben zu dürfen. Wie kommt es aber, dass der Wohlstand gestiegen ist, wir uns heute aber Sorgen machen, ob wir uns eine Schule im Dorf in Zukunft noch leisten können? Können oder wollen wir uns diese vielleicht nicht mehr leisten?

Als Vater hielt ich anfangs Februar ein Elternbrief in der Hand, in dem die gemeinsam zurücktretende Schulbehörde die Schulgemeindeversammlung vom Oktober für die Einbusse von zwei Lehrerstellen verantwortlich macht, daher die neue Klassenbildung und Organisation an die Schulleitungen und das Lehrerteam delegiert und dazu „weiterführende wichtige Überlegung“ zu Schulorganisation im Unteren Rafzerfeld anstellt. Darunter: „Das Primarschulhaus und das Mehrzweckgebäude in Hüntwangen werden für den Schulbetrieb nicht weiter benötigt und aus Kostengründen bis auf weiteres stillgelegt“.

Ein Hammerschlag – Deshalb, weil die Schulgemeindeversammlung vom 3. Oktober, als der Wettbewerbskredit für ein neues 40-Millionen Schulhaus in Eglisau mit 121 zu 362 Stimmen scheiterte, vor allem ein deutliches Bekenntnis zu den heutigen Schulstandorten war. Der Kredit scheiterte nicht wegen der Zusammenarbeit mit der Nachbargemeinde, schliesslich wurde der Zweckverband mit Eglisau zwei Jahre früher deutlich angenommen. Sondern weil die Mehrheit die Primarschule und die Infrastruktur in den Dörfern halten will und sich ein neues Schulhaus auch nicht als kostengünstiger erwiesen hatte.

Die Schulgemeindeversammlung im Oktober führte zu drei völlig unwürdigen Trotz-Reaktionen im Stil einer Abriss-Birne: Erstens die die Ankündigung der Schulpflege Eglisau, den Zweckverband mit der SUR auflösen zu wollen, anstelle dass der zweitfavorisierte Standort Landbüel nun näher geprüft wird, zweitens der kollektive Rücktritt jener vier Mitglieder unserer eigenen Schulpflege, die zuerst nochmals antreten wollten und teilweise erst kurz im Amt sind: Es gibt im Schulbetrieb wichtigere Aufgaben als der ständige Fokus auf den Schulstandort. Das kollektive „Bettel hinschmeissen“ ist unverantwortlich. Die dritte Trotzreaktion ist die erwähnte Formulierung im Elternbrief. Warum bekennt sich die Behörde nach dem Abstimmungsresultat nicht einfach zu den vier Schulstandorten und gestaltet daraus das Optimum mit Fokus auf die Schulqualität? Andere Schulgemeinden haben auch kleine Schulhäuser!

Eine Schule im Dorf ist ein Stück Lebensqualität! Der vertraute Schulweg, der selbst am Sonntagnachmittag saubere Schulhausplatz, die Turnhalle, spielende Kinder. Persönlich bin ich sogar der Meinung, unser Hallenbad gehöre nach wie vor zur Schule unteres Rafzerfeld. Es sind Gründe, um nach Hüntwangen zu ziehen.

Vielleicht ist der Behördenwechsel tatsächlich nicht so schlecht: Wir brauchen Leute, die die Schule nicht nur als „rationale Effizienzaufgabe“, sondern als Teil unserer Gemeinschaft sehen!

Matthias Hauser, Gemeindepräsident
matthias.hauser@huentwangen.ch