Regierungsrat und Kantonsrat müssen das Budget 2017 und die Finanzplanung bis ins Jahr 2019 so festlegen, dass bis ins Jahr 2019 1.8 Milliarden weniger Ausgaben oder höhere Erträge gemacht werden, als noch letztes Jahr vorgesehen waren. Sonst wird der mittelfristige Ausgleich nicht erreicht. Dieser – eine sinnvolle Sache – ist gesetzlich vorgeschrieben und besagt, dass sich über acht Jahre hinweg gesehen, Ausgaben und Einnahmen in der laufenden Rechnung des Kantons die Waage halten müssen: Dass wir also mittelfristig keine Leistungen beziehen, die spätere Generationen erst bezahlen.
Mehrertrag?
Der Regierungsrat hat zu diesem Zweck bereits im letzten Frühjahr unter dem Titel «Leistungsüberprüfung (Lüp)» 125 Massnahmen definiert, wovon er zwei Drittel selber umsetzen kann, für einige Vorlagen muss der Regierungsrat dem Kantonsrat Vorschläge zu Gesetzesänderungen vorlegen. 76% der Saldoverbesserungen – schreibt der Regierungsrat – sind Aufwandsenkungen – zudem rechnet er mit mehr Erträgen. 12 Prozent der 1.8 Milliarden, also rund 216 Millionen Franken, entstammen höheren Steuereinnahmen ohne Steuerfusserhöhung. Letzteres ist eine optimistische Prognose. Hoffen wir also, dass der Lotto-6er vom nächsten Mittwoch im Kanton Zürich anfällt!
Das ganze erhoffte Ertragswachstum ist so gross, dass, bliebe der Ertrag pro Kopf der Bevölkerung gleich, bis 2019 rund 25’000 mehr Menschen im Kanton leben müssten, plus eine Stadt Bülach also. Durchaus realistisch dank der Masseneinwanderung, mehr Stau auf den Strassen, zu wenige Hausärzte und Spitalbetten und neue Schulhäuser. Dass stattdessen der erhoffte Mehrerträge nicht eintreten wird, ist Risiko Nummer 1.
Gesetzesänderungen werden vom Kantonsrat nicht getragen: Lehrwerkstätte und Religion und Kultur
Nun ist Dezember und der Kantonsrat diskutiert über die ersten Gesetzesänderungen und verabschiedet das Budget. Dies ist die Feuerprobe für die Lüp. Nun, am ersten halben Tag der Debatte hat sich der Kantonsrat bereits zwei Mal nicht an die finanzielle Vorgaben gehalten: Die Streichung des Staatsbeitrages an zwei Lehrwerkstätten so, dass sie ab 2019, wenn die letzten der heutigen Lehrlinge ihre Abschlussprüfung bestanden haben, keine Beiträge mehr erhalten – diese Streichung wurde vom Kantonsrat ein Jahr verschoben, obwohl es über 1’300 offene Lehrstellen in der Privatwirtschaft gibt. 2 Millionen.
Weiter der Staatsbeitrag an das Fach Religion und Kultur auf der Mittelstufe: Da es seit dem neuen Volksschulgesetz 2005 mit dieser Ausnahme auf Grund einer Volksinitiative keine Staatsbeiträge für obligatorische Schulfächer mehr gibt, schlug die Bildungsdirektion vor, auch diesen abzuschaffen. 1.2 Millionen pro Jahr kann der Kanton damit – auf Kosten der Gemeinden – sparen. Doch: Im Gegensatz zu allen anderen Fächern hat der Kanton genau dieses, Religion und Kultur auf der Mittelstufe, damals auch nicht in den 20prozentigen Kantonsanteil der Lehrerlöhne eingerechnet. Ein Systemfehler auf Kosten der Gemeinden nur halb korrigieren? Wer so einen Antrag stellt, will gar nicht richtig sanieren! Prompt hat die Mehrheit des Kantonsrats den Systemfehler stattdessen ganz korrigiert und so das Budget statt verbessert um jährlich 3 Millionen verschlechtert, notabene auf Antrag der CVP, der Partei der Bildungsdirektorin.
Wenigstens rutschte die dritte Gesetzesvorlage zur Leistungsüberprüfung durch, so dass die Regierung nun Weiterbildungskurse der Grundkompetenzen (Lesen, Schreiben und Rechnen), die Private anbieten, nicht mehr subventioniert – 2.5 Mio. jährlich schlägt die Massnahme zu Buche.
Dass der Kantonsrat in seiner klientenverpflichteten Mehrheit bei den Massnahmen der Leistungsüberprüfung nicht mitmacht, ist Risiko Nummer 2.
Rechnung zeigt Tatsachen, Budget nichts als Prognose
Dass sich die Masssnahmen ganz generell nicht so entwickeln, wie sich Finanzdirektor Ernst Stocker vorstellt, ist Risiko Nummer 3. Es hat erstens auch Regierungsräte mit Direktionen, die mindestens von ihrer politischen Ideologie her kaum hinter der Sanierung stehen und wohl lieber eine Steuerfusserhöhung wünschen. Und zweitens nehmen auch Gemeinden, die Gerichte, die Elektrizitätswerke und Spitäler nicht einfach hin, dass man sie mehr belastet. Zudem: Jetzt handelt es sich um ein Budget. Ob wir das Ziel erreichen, zeigt uns dann die Rechnung 2019.
Mit diesen drei Risiken stehen wir vor der Budgetdebatte: Kann die SVP im Kantonsrat dafür sorgen, dass dem Regierungsrat für die Leistungsüberprüfung, zur Erreichung des mittelfristigen Ausgleichs, der Rücken gestärkt wird? Dazu muss die Fraktion den «Spardruck» aufrecht erhalten und zeigen, wo man noch sanieren könnte. Erreicht die SVP, dass die Gesetzesänderungen, die der Kantonsrat verbockt hat, anderswo eingespart werden? Können wir sogar eine «Reserve» über die Leistungsüberprüfung hinaus sanieren, damit eine nicht eintretende Ertragserwartung abgefedert werden kann?
Kämpfen für einen fitten Kanton
Wir sind den nachfolgenden Generationen einen Kanton schuldig, der nicht zu viel Steuern und Abgaben von seinen Einwohnern verlangt, der leben lässt. Die eine oder andere nicht unbedingt notwendige Entwicklung des kantonalen Handelns lässt sich sogar zu Gunsten der Bevölkerung, die eher unter zu viel statt zu wenig Beamtentum leidet, einsparen. Zum Beispiel Fachstellen, die Umfragen durchführen und Broschüren verfassen, die kaum einer liest. Wie ein Sprichwort sagt: «Angst muss man erst dann haben, wenn ein Beamter arbeitet.» Kleine Beträge oft, aber Kleinvieh macht auch Mist. Und bauen Druck auf für mehr Effizienz.
Der Aufwand der laufenden Rechnung des Kantons wächst von 14.82 Milliarden in der Rechnung 2015 auf 15.58 Milliarden Franken Ende 2019, der Ertrag im gleichen Zeitraum von 14.83 auf 16.06 Milliarden (optimistisch!). Diese Grössenordnungen lassen Spielraum. Die Budgetanträge des Kantonsrates sind ja auch lediglich in Betrag und Leistungsgruppe bindend – die Regierung kann, sofern ein Antrag tatsächlich eine Mehrheit erhalten sollte, letztlich innerhalb der Leistungsgruppe selber bestimmen, welche Tätigkeit genau reduziert werden soll. Dabei bedeutet eine Finanzlage sanieren manchmal, auch auf sinnvolle Dinge zu verzichten. Oder auf Dinge, die man zwar will, die aber von grossen Parteien kritisch betrachtet werden, und so nicht vorbehaltlos in der Bevölkerung gestützt sind.
Solche Anträge habe ich im Bereich Kultur und auch in der Bildungsdirektion gestellt, haben andere SVP Kantonsrätinnen und Kantonsräte ebenfalls gestellt. Wir werden in den nächsten Kantonsratssitzungen dafür kämpfen, auch wenn andere Parteien uns nicht unterstützen.