Am vergangenen Montag, 29. August 2022, haben die FDP- und SVP-Kantonsrätinnen und Kantonsräte gemeinsam ein Postulat für dringlich erklärt, welches die Mittelschulen auf die politische Neutralität hin untersuchen möchte. Eine viel beachtete Umfrage im Rahmen einer Maturaarbeit aus unserem Nachbarkanton Aargau kam nämlich zum Schluss, dass es an Mittelschulen einen «linksdrall» gibt.
Nun, das ist sicher nichts Neues. Wahl- und Abstimmungsumfragen und Auswertungen zum Stimmverhalten belegen deutlich, dass die Mehrheit der Lehrpersonen – eigentlich die Mehrheit aller «im Bildungskuchen tätigen» – eher links und/oder grün wählen und abstimmen. Seit den 1960ziger Jahren. Das muss niemand abstreiten. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen in Mittelschulen zeigen, dass es einzelnen Lehrpersonen oder der Institution Schule als Ganzes nicht immer gelingt, sich politisch neutral zu verhalten, den anvertrauten Kindern und Jugendlichen aus bürgerlichen, gewerblichen, landwirtschaftlichen, liberalen, konservativen Elternhäusern gegenüber unvorhereingenommen, achtsam, beziehungsbedacht und offen zu begegnen. Bürgerliche Jugendlichen brauchen deshalb mehr Zivilcourage, um ihre Meinung zu äussern. Bleiben oft stumm. Die Maturaarbeit zeigte: Einige Jugendliche haben sogar Angst, ihre Meinung zu äussern.
Ja, es kommt immer wieder zu dokumentierten Propaganda-Anlässen. Demos auf dem Schulareal oder während der Schule organisiert, Schülerinnen- und Schülerstreiks, politische Aushänge, Aussagen, spitze Bemerkungen…
Politische Debatten dürfen und müssen für die Bildung stattfinden, aber als solche klar deklariert, mit einem hohen Fokus auf die Darstellung beider Seiten, niemals zur Beeinflussung – schon gar nicht mit Aktionen gegen aussen, wie das zum Beispiel der Fall ist, wenn die Schule als Institution Ausgangsort für Klimademos ist und Schulleitungen die Streiks ermöglichen.
Im Militär müsste mit Arrest rechnen, wer politische Propaganda an Soldatinnen und Soldaten oder Rekrutinnen und Rekruten verteilt, die sich dem nicht entziehen können und in einer hierarchischen Struktur eingebettet sind.
Dass die Sache endlich untersucht wird, ist wichtig. Allerdings hätte man das schon lange tun können – auf die Idee muss man kommen – und diese kam, wie oben geschrieben, aus dem Kanton Aargau, zugegebenermassen von einem dortigen FDP-Kantonsrat und dem SVP-Bildungsdirektor, der die Studie dann umgehend in Auftrag gegeben hat.
Die Dringlichkeit im Zürcher Kantonsrat habe ich beantragt, weil wir mit Aargau und Solothurn (auch in diesem Kanton!) Synergien nutzen können, was kostengünstiger ausfallen dürfte. Und vor allem, weil damit ein überkantonaler Blick möglich wird und die Resultate im schweizerischen Kontext interpretiert werden können. Der Zug fährt ab, wer aufspringen will, muss pressieren.
Kantonsrat Matthias Hauser, Hüntwangen, Mitglied der Kommission für Bildung und Kultur