Verglichen mit der Parlamentarischen Initiative zur Abgrenzung des Ressourcenausgleichs wurde die PI 27/2018 am Montag, 3. Dezember, ohne grosse Notiz der Öffentlichkeit überwiesen, von allen 165 Kantonsräten und Kantonsrätinnen, die gerade im Saal waren. Dabei geht es um viel Geld, um 1.9 Milliarden Franken «blockiertes» Gemeindevermögen. Und es geht darum, dass Einwohnerinnen und Einwohner von 130 Gemeinden nicht mehr Steuern bezahlen müssen, wenn die Gemeinde Vermögen abbaut, das in der Vergangenheit ja schon bezahlt oder verdient wurde.
Dem «mittelfristigen Ausgleich» im Gemeindegesetz liegt eine sinnvolle Absicht zu Grunde: Eine Gemeinde soll weder mehr Geld einnehmen als sie braucht, noch mehr ausgeben, als sie hat. Daher muss sie (§92, Gemeindegesetz) den Steuerfuss so festsetzen, dass die Saldi der Erfolgsrechnung über eine festzulegende Anzahl Jahre hinweg ausgeglichen werden: Vergangene Ausgabenüberschüsse führen zu einem höheren Steuerfuss, vergangene Einnahmenüberschüsse zu einem tieferen Steuerfuss. So kann erstens das Vermögen mittelfristig nicht sinken und zweitens, falls die Gemeinde Einnahmeüberschüsse hat, darf sie ihren Einwohnerinnen und Einwohnern kein Geld, das sie nicht benötigt, aus der Tasche ziehen.
Sind Mehreinnahmen absehbar, so kann nach dem neuen Gemeindegesetz eine Einlage in die Reserve budgetiert werden. Diese darf, um Aufwandüberschüsse zu decken, später abgebaut werden. So kommt eine Gemeinde mit Reserven um die Veränderung des Steuerfusses herum. Auch das ist transparent und sinnvoll. Fazit: Ab dem 1.1.2018 (neues Gemeindegesetzes) verändert sich das Nettovermögen einer Gemeinde nur noch via Reserven – alle anderen Steigerungen oder Senkungen sind durch Festsetzung eines geeigneten Steuerfusses auszugleichen.
Der Systemfehler: Da Reserven budgetiert werden müssen (§123 Gemeindegesetz) ist es nicht erlaubt, das bisherige, «alte» Nettovermögen einer Gemeinde den Reserven zuzuweisen. Und weil Veränderungen des Vermögens mit Steuerfussveränderungen ausgeglichen werden müssen, bleiben die Gemeinden auf dem «alten» Vermögen hocken, 1.9 Milliarden Franken besitzen die 130 Gemeinden mit Nettovermögen gemeinsam. Geld, das, wenn sie es ausgeben, zu Steuerfusserhöhungen führt und nochmals bezahlt werden muss. Eine irre Situation, ein Systemfehler.
Besonders jene Gemeinden leiden darunter, die Defizite schreiben, aber Vermögen haben. In den vergangenen drei Jahren waren dies zwischen 19 und 55 Gemeinden. Wäre das Gemeindegesetz schon seit Jahren in Kraft, könnten sie Reserven abbauen, doch nun müssen sie allenfalls die Steuern erhöhen.
Bei einigen wenigen Kleinen davon geht es richtig «um die Wurst»: §92 im Gemeindegesetz begrenzt nämlich auch den maximal erlaubten Aufwandüberschuss. Auf drei Prozent der Gemeindesteuern plus Abschreibungen. Eine kleine Gemeinde ohne Schule hat unter Umständen durchaus ordentliche Steuern von unter einer Million. Drei Prozent einer Million sind 30’000. Das entspricht einem Sozialfall, einem halben Pflegefall, einer halben Kinderheimplatzierung. Budgetiert eine solche Gemeinde ehrlich, so schlagen Ereignisse, die bei einer grossen Gemeinde in der Vielzahl geglättet werden, sofort auf den Steuerfuss durch.
Ein Beispiel einer von kleinen Zahlen betroffenen Gemeinden budgetiert ein Defizit von 250’000 Franken, darin enthalten 100’000 Franken Abschreibungen. Das Defizit ist viel höher, als erlaubt, da drei Prozent der Gemeindesteuer rund 30’000 Franken ausmachen. Diese Gemeinde hat aber gleichzeitig fünf Millionen Franken Nettovermögen. Sie könnten ihr ganzes Defizit 20 Mal dem Nettovermögen belasten, doch wegen dem §92 muss sie stattdessen die Steuern erhöhen. Das liegt weder im Interesse der Einwohnerinnen und Einwohner noch der übrigen Gemeinden, da die kleine Vermögende bei höherem Steuerfuss auch mehr Finanzausgleich erhielten. Wer hat, dem wird gegeben.
Die Lösung ist einfach: Die Initiative verlangt, dass von den beiden Bestimmungen im §92 des Gemeindegesetzes abgewichen werden kann, sofern bei einer Gemeinde das Finanzvermögen grösser ist als das Fremdkapital – also Geld da ist, das weder für die Aufgabenerfüllung benötigt wird noch jemandem geschuldet ist (Nettovermögen). Sofern dieses Anliegen von der Kommission für Staat und Gemeinden positiv behandelt wird, werden in einigen Gemeinden unsinnige Steuerfusserhöhungen verhindert. Und alle Gemeinden können ihr Vermögen auch als solches zu benutzen.
Link zur überwiesenen Initiative
Matthias Hauser, Kantonsrat